meinige, zusammengegeben! Es soll eine Himmelehe werden, sprach ein Erzengel! -- eine Himmelehe!
Herr v. W -- war ein solcher Tagewäh- ler, daß jeder Tag, wie wir wissen, seine eigene Plage, oder seine eigene Freude hatte; so ward der Hochzeittag nach der Anlage des Verlobungstages bestimmt -- sehr natürlich!
Wer etwas fassen will, sieht es zuerst im Ganzen, und wählt, sobald es zum Zerglie- dern kommt, nicht die größern hervorra- genden, sondern die etwas versteckteren Stel- len! -- So mit dem Menschen. Die guten Herren, die ihn so beschrieben, wie er aus des Modeschneiders, Modefriseurs, Hän- den kam, recht als gieng er zum Ball, ha- ben ihn wenig getroffen. Sie treffen den Puder und die Kleiderfalten. Wir sind die- selben, wenn wir in Gallakleidern sind, oder im Schlafrock -- Sagt aufrichtig, haben wir nicht höchst selten den Menschen im Buche gesehen? Einen Theatermenschen, schön geschmückt, als ging er zur Bühne, als wolt er sich zeigen, als wolt er populo esse specta- culo! Den Menschen mit einer gewissen Lebens- art so vorzuschieben, als ein Bild am opti-
schen
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meinige, zuſammengegeben! Es ſoll eine Himmelehe werden, ſprach ein Erzengel! — eine Himmelehe!
Herr v. W — war ein ſolcher Tagewaͤh- ler, daß jeder Tag, wie wir wiſſen, ſeine eigene Plage, oder ſeine eigene Freude hatte; ſo ward der Hochzeittag nach der Anlage des Verlobungstages beſtimmt — ſehr natuͤrlich!
Wer etwas faſſen will, ſieht es zuerſt im Ganzen, und waͤhlt, ſobald es zum Zerglie- dern kommt, nicht die groͤßern hervorra- genden, ſondern die etwas verſteckteren Stel- len! — So mit dem Menſchen. Die guten Herren, die ihn ſo beſchrieben, wie er aus des Modeſchneiders, Modefriſeurs, Haͤn- den kam, recht als gieng er zum Ball, ha- ben ihn wenig getroffen. Sie treffen den Puder und die Kleiderfalten. Wir ſind die- ſelben, wenn wir in Gallakleidern ſind, oder im Schlafrock — Sagt aufrichtig, haben wir nicht hoͤchſt ſelten den Menſchen im Buche geſehen? Einen Theatermenſchen, ſchoͤn geſchmuͤckt, als ging er zur Buͤhne, als wolt er ſich zeigen, als wolt er populo eſſe ſpecta- culo! Den Menſchen mit einer gewiſſen Lebens- art ſo vorzuſchieben, als ein Bild am opti-
ſchen
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meinige, zuſammengegeben! Es ſoll eine
Himmelehe werden, ſprach ein Erzengel! —
eine Himmelehe!
Herr v. W — war ein ſolcher Tagewaͤh-
ler, daß jeder Tag, wie wir wiſſen, ſeine
eigene Plage, oder ſeine eigene Freude
hatte; ſo ward der Hochzeittag nach der
Anlage des Verlobungstages beſtimmt —
ſehr natuͤrlich!
Wer etwas faſſen will, ſieht es zuerſt im
Ganzen, und waͤhlt, ſobald es zum Zerglie-
dern kommt, nicht die groͤßern hervorra-
genden, ſondern die etwas verſteckteren Stel-
len! — So mit dem Menſchen. Die guten
Herren, die ihn ſo beſchrieben, wie er aus
des Modeſchneiders, Modefriſeurs, Haͤn-
den kam, recht als gieng er zum Ball, ha-
ben ihn wenig getroffen. Sie treffen den
Puder und die Kleiderfalten. Wir ſind die-
ſelben, wenn wir in Gallakleidern ſind, oder
im Schlafrock — Sagt aufrichtig, haben
wir nicht hoͤchſt ſelten den Menſchen im
Buche geſehen? Einen Theatermenſchen, ſchoͤn
geſchmuͤckt, als ging er zur Buͤhne, als wolt
er ſich zeigen, als wolt er populo eſſe ſpecta-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/527>, abgerufen am 22.11.2024.
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