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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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eins ins andre kam! Wenn eine Sayte an-
geschlagen wird, tönt die andere, falls die
Instrumente gleich gestimmt sind. Ueber-
all fand ich die liebe, liebe Frau v. W --.

Schwerlich! dacht ich, wird es Junker
Gotthard so empfinden, als ich! --

Es war alles bereitet, und niemand
fehlte, als der Bräutigam. Freylich bey
der Verlobung ein wichtiges Stück! Da
rasselte ein Wagen! und da lief alles, was
nur von Domestiken laufen konnte, auf den
Posten. Herr v. W -- war nicht Willens
seines Schwiegersohns halber die letzte Stuffe
der Treppe zu beschreiten, um den Ankömm-
ling entgegen zu nehmen; denn vorerst war
er der Schwiegersohn, sodann verstand er
nicht, was heiliger Abend war, und selbst
an seinem Ehrentage hatt' er viel zu lange auf
sich warten laßen.

Wo sind denn die Damens schrie Herr
v. W -- der in seine Rolle gesehen hatte.
Sie hatten sich noch nicht sehen laßen, ausser
daß ich Tinchen am Waßer erblickt! --

So erschrack Louise nicht über den unzei-
tigen Flintenschuß, als ich, da ich hörte Tin-

chen

eins ins andre kam! Wenn eine Sayte an-
geſchlagen wird, toͤnt die andere, falls die
Inſtrumente gleich geſtimmt ſind. Ueber-
all fand ich die liebe, liebe Frau v. W —.

Schwerlich! dacht ich, wird es Junker
Gotthard ſo empfinden, als ich! —

Es war alles bereitet, und niemand
fehlte, als der Braͤutigam. Freylich bey
der Verlobung ein wichtiges Stuͤck! Da
raſſelte ein Wagen! und da lief alles, was
nur von Domeſtiken laufen konnte, auf den
Poſten. Herr v. W — war nicht Willens
ſeines Schwiegerſohns halber die letzte Stuffe
der Treppe zu beſchreiten, um den Ankoͤmm-
ling entgegen zu nehmen; denn vorerſt war
er der Schwiegerſohn, ſodann verſtand er
nicht, was heiliger Abend war, und ſelbſt
an ſeinem Ehrentage hatt’ er viel zu lange auf
ſich warten laßen.

Wo ſind denn die Damens ſchrie Herr
v. W — der in ſeine Rolle geſehen hatte.
Sie hatten ſich noch nicht ſehen laßen, auſſer
daß ich Tinchen am Waßer erblickt! —

So erſchrack Louiſe nicht uͤber den unzei-
tigen Flintenſchuß, als ich, da ich hoͤrte Tin-

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[460/0468] eins ins andre kam! Wenn eine Sayte an- geſchlagen wird, toͤnt die andere, falls die Inſtrumente gleich geſtimmt ſind. Ueber- all fand ich die liebe, liebe Frau v. W —. Schwerlich! dacht ich, wird es Junker Gotthard ſo empfinden, als ich! — Es war alles bereitet, und niemand fehlte, als der Braͤutigam. Freylich bey der Verlobung ein wichtiges Stuͤck! Da raſſelte ein Wagen! und da lief alles, was nur von Domeſtiken laufen konnte, auf den Poſten. Herr v. W — war nicht Willens ſeines Schwiegerſohns halber die letzte Stuffe der Treppe zu beſchreiten, um den Ankoͤmm- ling entgegen zu nehmen; denn vorerſt war er der Schwiegerſohn, ſodann verſtand er nicht, was heiliger Abend war, und ſelbſt an ſeinem Ehrentage hatt’ er viel zu lange auf ſich warten laßen. Wo ſind denn die Damens ſchrie Herr v. W — der in ſeine Rolle geſehen hatte. Sie hatten ſich noch nicht ſehen laßen, auſſer daß ich Tinchen am Waßer erblickt! — So erſchrack Louiſe nicht uͤber den unzei- tigen Flintenſchuß, als ich, da ich hoͤrte Tin- chen

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/468>, abgerufen am 18.05.2024.