Rechten und Fechten, fieng die Lose an, und zeigte mit Fingern auf Nathanael. Er gleich fertig: brummen, verstummen! und zeigte auf Gretchen! Ich gab dem Justizrath einen Blick, als wolt ich sagen: ich bitte meine Mutter ruhen zu laßen in Frieden!
Was Gretchen wohl ansteht, gebührt eben einem so puderreichen Manne nicht. Nathanael fühlte, daß er zu weit gegangen, und ward so still, daß ich ihn selbst mitleids- voll durch eine Türkengeschichte aufmunterte. Wer kann immer fechten; ich fieng also zu rechten an. Ich will mich selbst richten, schrieb Nathanael an seinen Schwiegervater, und den Krieg Rechtens mit mir selbst anfangen. Ein schön Stück Arbeit! Na- thanael hatte redlich Wort gehalten. Nie sprach er ein Urtel über andern aus. Sich selbst hielt er in Ordnung. Vielleicht fiel er eben darum aufs politische. Durch eine Schadenfreude über die Türken, konnt' er freylich keinen Schaden thun -- Wenn er ja noch mit einer Beurtheilung sich hören lies, so war es wider die Gesetze selbst. Wi- der die Türken und wider die Gesetze sollte
wahr-
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Rechten und Fechten, fieng die Loſe an, und zeigte mit Fingern auf Nathanael. Er gleich fertig: brummen, verſtummen! und zeigte auf Gretchen! Ich gab dem Juſtizrath einen Blick, als wolt ich ſagen: ich bitte meine Mutter ruhen zu laßen in Frieden!
Was Gretchen wohl anſteht, gebuͤhrt eben einem ſo puderreichen Manne nicht. Nathanael fuͤhlte, daß er zu weit gegangen, und ward ſo ſtill, daß ich ihn ſelbſt mitleids- voll durch eine Tuͤrkengeſchichte aufmunterte. Wer kann immer fechten; ich fieng alſo zu rechten an. Ich will mich ſelbſt richten, ſchrieb Nathanael an ſeinen Schwiegervater, und den Krieg Rechtens mit mir ſelbſt anfangen. Ein ſchoͤn Stuͤck Arbeit! Na- thanael hatte redlich Wort gehalten. Nie ſprach er ein Urtel uͤber andern aus. Sich ſelbſt hielt er in Ordnung. Vielleicht fiel er eben darum aufs politiſche. Durch eine Schadenfreude uͤber die Tuͤrken, konnt’ er freylich keinen Schaden thun — Wenn er ja noch mit einer Beurtheilung ſich hoͤren lies, ſo war es wider die Geſetze ſelbſt. Wi- der die Tuͤrken und wider die Geſetze ſollte
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Rechten und Fechten, fieng die Loſe
an, und zeigte mit Fingern auf Nathanael.
Er gleich fertig: brummen, verſtummen!
und zeigte auf Gretchen! Ich gab dem
Juſtizrath einen Blick, als wolt ich ſagen:
ich bitte meine Mutter ruhen zu laßen in
Frieden!
Was Gretchen wohl anſteht, gebuͤhrt
eben einem ſo puderreichen Manne nicht.
Nathanael fuͤhlte, daß er zu weit gegangen,
und ward ſo ſtill, daß ich ihn ſelbſt mitleids-
voll durch eine Tuͤrkengeſchichte aufmunterte.
Wer kann immer fechten; ich fieng alſo zu
rechten an. Ich will mich ſelbſt richten,
ſchrieb Nathanael an ſeinen Schwiegervater,
und den Krieg Rechtens mit mir ſelbſt
anfangen. Ein ſchoͤn Stuͤck Arbeit! Na-
thanael hatte redlich Wort gehalten. Nie
ſprach er ein Urtel uͤber andern aus. Sich
ſelbſt hielt er in Ordnung. Vielleicht fiel er
eben darum aufs politiſche. Durch eine
Schadenfreude uͤber die Tuͤrken, konnt’ er
freylich keinen Schaden thun — Wenn er
ja noch mit einer Beurtheilung ſich hoͤren
lies, ſo war es wider die Geſetze ſelbſt. Wi-
der die Tuͤrken und wider die Geſetze ſollte
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/413>, abgerufen am 22.11.2024.
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