ausstehen! -- Jetzt war er so weit vom Wann, daß er selbst gern darüber lachen mochte. Er hatte sich ungemein auf die Po- litik gelegt, und wolte durchaus die Karte herbeyhohlen, da sich der Herr Schwiegerva- ter an den Türkenkrieg erinnerte. Der gute Nathanael war immer mit marschirt, hatte immer mitgekriegt und mitgesiegt. Er war so wie sein Schwiegervater wohlbedächtig rußisch, obgleich sonst jeder Mensch eine Nei- gung hat, sich des Unterdrückten anzuneh- men. Ists Wunder? Es gieng ja gegen die Türken! Die Anlage zur Politik, welche der Prediger bey Gelegenheit der verlohrnen Schildwache zeigte, hatte freilich noch nicht ihren Geist aufgegeben; indessen übertraf Nathanael seinen Schwiegervater in der Politik bey weitem. Gretchen war dagegen so unpolitisch, daß sie recht geflissentlich die- sem Blutvergiessen auswich. Ein politisches Weib ist wahrlich das unausstehlichste unter allen aus der siebenten Bitte. Fast solten sie das Wort Krieg nicht auszusprechen, nicht über ihr Herz zu bringen vermögen. Ein anderes! giengs um die schöne Helena! oder wenn sich ein Paar um das blaue Au- genpaar der Huldgöttin der Stadt schlügen!
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ausſtehen! — Jetzt war er ſo weit vom Wann, daß er ſelbſt gern daruͤber lachen mochte. Er hatte ſich ungemein auf die Po- litik gelegt, und wolte durchaus die Karte herbeyhohlen, da ſich der Herr Schwiegerva- ter an den Tuͤrkenkrieg erinnerte. Der gute Nathanael war immer mit marſchirt, hatte immer mitgekriegt und mitgeſiegt. Er war ſo wie ſein Schwiegervater wohlbedaͤchtig rußiſch, obgleich ſonſt jeder Menſch eine Nei- gung hat, ſich des Unterdruͤckten anzuneh- men. Iſts Wunder? Es gieng ja gegen die Tuͤrken! Die Anlage zur Politik, welche der Prediger bey Gelegenheit der verlohrnen Schildwache zeigte, hatte freilich noch nicht ihren Geiſt aufgegeben; indeſſen uͤbertraf Nathanael ſeinen Schwiegervater in der Politik bey weitem. Gretchen war dagegen ſo unpolitiſch, daß ſie recht gefliſſentlich die- ſem Blutvergieſſen auswich. Ein politiſches Weib iſt wahrlich das unausſtehlichſte unter allen aus der ſiebenten Bitte. Faſt ſolten ſie das Wort Krieg nicht auszuſprechen, nicht uͤber ihr Herz zu bringen vermoͤgen. Ein anderes! giengs um die ſchoͤne Helena! oder wenn ſich ein Paar um das blaue Au- genpaar der Huldgoͤttin der Stadt ſchluͤgen!
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ausſtehen! — Jetzt war er ſo weit vom
Wann, daß er ſelbſt gern daruͤber lachen
mochte. Er hatte ſich ungemein auf die Po-
litik gelegt, und wolte durchaus die Karte
herbeyhohlen, da ſich der Herr Schwiegerva-
ter an den Tuͤrkenkrieg erinnerte. Der gute
Nathanael war immer mit marſchirt, hatte
immer mitgekriegt und mitgeſiegt. Er war
ſo wie ſein Schwiegervater wohlbedaͤchtig
rußiſch, obgleich ſonſt jeder Menſch eine Nei-
gung hat, ſich des Unterdruͤckten anzuneh-
men. Iſts Wunder? Es gieng ja gegen die
Tuͤrken! Die Anlage zur Politik, welche
der Prediger bey Gelegenheit der verlohrnen
Schildwache zeigte, hatte freilich noch nicht
ihren Geiſt aufgegeben; indeſſen uͤbertraf
Nathanael ſeinen Schwiegervater in der
Politik bey weitem. Gretchen war dagegen
ſo unpolitiſch, daß ſie recht gefliſſentlich die-
ſem Blutvergieſſen auswich. Ein politiſches
Weib iſt wahrlich das unausſtehlichſte unter
allen aus der ſiebenten Bitte. Faſt ſolten
ſie das Wort Krieg nicht auszuſprechen, nicht
uͤber ihr Herz zu bringen vermoͤgen. Ein
anderes! giengs um die ſchoͤne Helena!
oder wenn ſich ein Paar um das blaue Au-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/409>, abgerufen am 25.11.2024.
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