Gretchen besuchten? hätt ich ihr so nahe seyn können, ohne sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen? Muß ich denn nicht ihr und ih- rem Manne für die treue Pflege danken, die sie Minens Grabe angedeyen laßen? (die Zeit hatte meinen Schmerz über Minen in Poesie gebracht, wie sie es immer thut, o! so sanft lyrisch!) Bin ich Gretchen denn nicht die Heimführung schuldig? --
Es ward verabredet, zuerst Gretchen und ihren gepuderten Mann, und nach die- sem den hochgebohrnen Todtengräber et Compagnie zu besuchen. Ich habe schon be- merkt, daß ich keine Maskeraden liebe. Warum auch die Mummerey? Da steig ich lieber den Leuten, wie der Herr Lieutenant, aufs Dach, als daß ich ihnen (auch ein Aus- druck des Herrn Inspektors,) was ins Maul schmieren sollte -- Wie das absticht, der Herr Inspektor und die Frau Inspektorin!
Mein Gott! wie sich Gretchen freute! auch Nathanael! --
Sie küßte mich wieder so herzlich, als wie ich zur Hochzeit kam, und den Justitzrath zur Frage: Wenn? brachte. Der arme Mann mußte jetzt viel dieser Eifersucht halber
aus-
Gretchen beſuchten? haͤtt ich ihr ſo nahe ſeyn koͤnnen, ohne ſie von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen? Muß ich denn nicht ihr und ih- rem Manne fuͤr die treue Pflege danken, die ſie Minens Grabe angedeyen laßen? (die Zeit hatte meinen Schmerz uͤber Minen in Poeſie gebracht, wie ſie es immer thut, o! ſo ſanft lyriſch!) Bin ich Gretchen denn nicht die Heimfuͤhrung ſchuldig? —
Es ward verabredet, zuerſt Gretchen und ihren gepuderten Mann, und nach die- ſem den hochgebohrnen Todtengraͤber et Compagnie zu beſuchen. Ich habe ſchon be- merkt, daß ich keine Maskeraden liebe. Warum auch die Mummerey? Da ſteig ich lieber den Leuten, wie der Herr Lieutenant, aufs Dach, als daß ich ihnen (auch ein Aus- druck des Herrn Inſpektors,) was ins Maul ſchmieren ſollte — Wie das abſticht, der Herr Inſpektor und die Frau Inſpektorin!
Mein Gott! wie ſich Gretchen freute! auch Nathanael! —
Sie kuͤßte mich wieder ſo herzlich, als wie ich zur Hochzeit kam, und den Juſtitzrath zur Frage: Wenn? brachte. Der arme Mann mußte jetzt viel dieſer Eiferſucht halber
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Gretchen beſuchten? haͤtt ich ihr ſo nahe ſeyn
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zu ſehen? Muß ich denn nicht ihr und ih-
rem Manne fuͤr die treue Pflege danken, die
ſie Minens Grabe angedeyen laßen? (die Zeit
hatte meinen Schmerz uͤber Minen in Poeſie
gebracht, wie ſie es immer thut, o! ſo ſanft
lyriſch!) Bin ich Gretchen denn nicht die
Heimfuͤhrung ſchuldig? —
Es ward verabredet, zuerſt Gretchen
und ihren gepuderten Mann, und nach die-
ſem den hochgebohrnen Todtengraͤber et
Compagnie zu beſuchen. Ich habe ſchon be-
merkt, daß ich keine Maskeraden liebe.
Warum auch die Mummerey? Da ſteig ich
lieber den Leuten, wie der Herr Lieutenant,
aufs Dach, als daß ich ihnen (auch ein Aus-
druck des Herrn Inſpektors,) was ins Maul
ſchmieren ſollte — Wie das abſticht, der
Herr Inſpektor und die Frau Inſpektorin!
Mein Gott! wie ſich Gretchen freute!
auch Nathanael! —
Sie kuͤßte mich wieder ſo herzlich, als wie
ich zur Hochzeit kam, und den Juſtitzrath
zur Frage: Wenn? brachte. Der arme
Mann mußte jetzt viel dieſer Eiferſucht halber
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/408>, abgerufen am 22.11.2024.
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