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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Wunden! Der Gedanke in der Lehre bleiben
zu sollen, schlug diesen Aufblick nieder! --
Bey dem ersten Anklang der Sterbensglocke,
die ich freylich nur in der Einbildung hörte,
war ich auch in der Einbildung bey meinem
guten Pastor zu L -- in Preussen! Mine hatte
ihre Ansprüche auf mich geltend gemacht! --
Ich fand, daß die Liebe, solch eine Liebe, wie
die unsrige, durchaus sich nur auf gewisse Le-
bensperioden paßt, und doch ist, nach unserm
Weltlauf, so zu lieben wie wir, Tugend! ho-
he Aufopferung seiner selbst! Weite Ueber-
windung der Natur! -- Mein Leben war ein
lebendiger Tod, und dies ist eben der Zustand
des Menschen, wo eine dergleichen Liebe ihr
Feur und Heerd hat. Man kann nicht an-
ders sagen, als daß auch solch eine Liebe ihre
schönen Tage habe. Das Böse hat auch sein
Gutes, sagte Herr v. G --, und es liegt gött-
liche Weisheit in diesem Ausspruch. --

So war das Ende meiner kriegerischen
Laufbahn. Folge, dacht ich, dem Wink dei-
nes rechten Arms. Er hat Abschied genom-
men, nimm du ihn auch! und so mußt ich
denken. Meine Gesundheit war äußerst zu-
rückgesetzt. Du hast, dacht' ich, was du
woltest -- Ein Paar große Schritte näher zu

Mi-

Wunden! Der Gedanke in der Lehre bleiben
zu ſollen, ſchlug dieſen Aufblick nieder! —
Bey dem erſten Anklang der Sterbensglocke,
die ich freylich nur in der Einbildung hoͤrte,
war ich auch in der Einbildung bey meinem
guten Paſtor zu L — in Preuſſen! Mine hatte
ihre Anſpruͤche auf mich geltend gemacht! —
Ich fand, daß die Liebe, ſolch eine Liebe, wie
die unſrige, durchaus ſich nur auf gewiſſe Le-
bensperioden paßt, und doch iſt, nach unſerm
Weltlauf, ſo zu lieben wie wir, Tugend! ho-
he Aufopferung ſeiner ſelbſt! Weite Ueber-
windung der Natur! — Mein Leben war ein
lebendiger Tod, und dies iſt eben der Zuſtand
des Menſchen, wo eine dergleichen Liebe ihr
Feur und Heerd hat. Man kann nicht an-
ders ſagen, als daß auch ſolch eine Liebe ihre
ſchoͤnen Tage habe. Das Boͤſe hat auch ſein
Gutes, ſagte Herr v. G —, und es liegt goͤtt-
liche Weisheit in dieſem Ausſpruch. —

So war das Ende meiner kriegeriſchen
Laufbahn. Folge, dacht ich, dem Wink dei-
nes rechten Arms. Er hat Abſchied genom-
men, nimm du ihn auch! und ſo mußt ich
denken. Meine Geſundheit war aͤußerſt zu-
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wolteſt — Ein Paar große Schritte naͤher zu

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[365/0373] Wunden! Der Gedanke in der Lehre bleiben zu ſollen, ſchlug dieſen Aufblick nieder! — Bey dem erſten Anklang der Sterbensglocke, die ich freylich nur in der Einbildung hoͤrte, war ich auch in der Einbildung bey meinem guten Paſtor zu L — in Preuſſen! Mine hatte ihre Anſpruͤche auf mich geltend gemacht! — Ich fand, daß die Liebe, ſolch eine Liebe, wie die unſrige, durchaus ſich nur auf gewiſſe Le- bensperioden paßt, und doch iſt, nach unſerm Weltlauf, ſo zu lieben wie wir, Tugend! ho- he Aufopferung ſeiner ſelbſt! Weite Ueber- windung der Natur! — Mein Leben war ein lebendiger Tod, und dies iſt eben der Zuſtand des Menſchen, wo eine dergleichen Liebe ihr Feur und Heerd hat. Man kann nicht an- ders ſagen, als daß auch ſolch eine Liebe ihre ſchoͤnen Tage habe. Das Boͤſe hat auch ſein Gutes, ſagte Herr v. G —, und es liegt goͤtt- liche Weisheit in dieſem Ausſpruch. — So war das Ende meiner kriegeriſchen Laufbahn. Folge, dacht ich, dem Wink dei- nes rechten Arms. Er hat Abſchied genom- men, nimm du ihn auch! und ſo mußt ich denken. Meine Geſundheit war aͤußerſt zu- ruͤckgeſetzt. Du haſt, dacht’ ich, was du wolteſt — Ein Paar große Schritte naͤher zu Mi-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/373>, abgerufen am 22.11.2024.