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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Auch nicht viel aus einander! Kein Wunder,
daß ich bey aller Menschmöglichen Gelegen-
heit Muth zeigte. Wär ich ein Katolik gewe-
sen, vielleicht schrieb ich im Kloster Prodro-
mum aeternitatis,
Jacobs Himmelsleiter; als
Protestant, sage selbst liebe Mutter, was
konnt ich anders, als Soldat werden? Ich
folgte nicht dem Kalbfell, sondern der Todes-
fahne, in der ein Kreuz hieng, dein Lieblings-
zeichen, das du dir aber meines Vaters hal-
ber beym Gähnen abgewöhntest. Es gehört
auch für kein gros Maul! --

So und nicht anders konnte mir der Sol-
datenstand nur willkommen seyn; ich wolte
nicht den Bürger kränken, um mir von seinem
Schweis und Blut einen Bauch des reichen
Mannes anzumästen! -- ich wolte siegen,
oder sterben. Mine selbst würd es mir nicht
verzeihen, die vielleicht auf dieses Blatt blickt,
wie Geister blicken, wenn ich eine Unwahr-
heit schriebe. Ehre mischte sich in meinen Ent-
schluß
, und wo sie nicht ist, was schmeckt?
Ich war nicht verliebt in mein Leben; allein
ich wollt es nicht um ein Linsengericht dahin-
geben --

Was kann meinen Lesern mit Scharmüzel-
und Schlachtrissen gedient seyn! Hätte ich

geglaubt,

Auch nicht viel aus einander! Kein Wunder,
daß ich bey aller Menſchmoͤglichen Gelegen-
heit Muth zeigte. Waͤr ich ein Katolik gewe-
ſen, vielleicht ſchrieb ich im Kloſter Prodro-
mum aeternitatis,
Jacobs Himmelsleiter; als
Proteſtant, ſage ſelbſt liebe Mutter, was
konnt ich anders, als Soldat werden? Ich
folgte nicht dem Kalbfell, ſondern der Todes-
fahne, in der ein Kreuz hieng, dein Lieblings-
zeichen, das du dir aber meines Vaters hal-
ber beym Gaͤhnen abgewoͤhnteſt. Es gehoͤrt
auch fuͤr kein gros Maul! —

So und nicht anders konnte mir der Sol-
datenſtand nur willkommen ſeyn; ich wolte
nicht den Buͤrger kraͤnken, um mir von ſeinem
Schweis und Blut einen Bauch des reichen
Mannes anzumaͤſten! — ich wolte ſiegen,
oder ſterben. Mine ſelbſt wuͤrd es mir nicht
verzeihen, die vielleicht auf dieſes Blatt blickt,
wie Geiſter blicken, wenn ich eine Unwahr-
heit ſchriebe. Ehre miſchte ſich in meinen Ent-
ſchluß
, und wo ſie nicht iſt, was ſchmeckt?
Ich war nicht verliebt in mein Leben; allein
ich wollt es nicht um ein Linſengericht dahin-
geben —

Was kann meinen Leſern mit Scharmuͤzel-
und Schlachtriſſen gedient ſeyn! Haͤtte ich

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[342/0348] Auch nicht viel aus einander! Kein Wunder, daß ich bey aller Menſchmoͤglichen Gelegen- heit Muth zeigte. Waͤr ich ein Katolik gewe- ſen, vielleicht ſchrieb ich im Kloſter Prodro- mum aeternitatis, Jacobs Himmelsleiter; als Proteſtant, ſage ſelbſt liebe Mutter, was konnt ich anders, als Soldat werden? Ich folgte nicht dem Kalbfell, ſondern der Todes- fahne, in der ein Kreuz hieng, dein Lieblings- zeichen, das du dir aber meines Vaters hal- ber beym Gaͤhnen abgewoͤhnteſt. Es gehoͤrt auch fuͤr kein gros Maul! — So und nicht anders konnte mir der Sol- datenſtand nur willkommen ſeyn; ich wolte nicht den Buͤrger kraͤnken, um mir von ſeinem Schweis und Blut einen Bauch des reichen Mannes anzumaͤſten! — ich wolte ſiegen, oder ſterben. Mine ſelbſt wuͤrd es mir nicht verzeihen, die vielleicht auf dieſes Blatt blickt, wie Geiſter blicken, wenn ich eine Unwahr- heit ſchriebe. Ehre miſchte ſich in meinen Ent- ſchluß, und wo ſie nicht iſt, was ſchmeckt? Ich war nicht verliebt in mein Leben; allein ich wollt es nicht um ein Linſengericht dahin- geben — Was kann meinen Leſern mit Scharmuͤzel- und Schlachtriſſen gedient ſeyn! Haͤtte ich geglaubt,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/348>, abgerufen am 24.11.2024.