zehn andächtige Jungfern. Werde schwer- lich Hannchen zum ehelichen Gemahl neh- men.
Von Wahrzeichen weiß Ew. Wohlehr- würden wenig oder nichts zu sagen, ausser die schöne Aufschrift an einem Hause, die meine Herren sich den Tag wohl zehnmahl abfragen, und abantworten. Der eine fängt an: Klimm, schläfst du?
Der andre antwortet,
Treu, Glaub', das Recht, und das rechte Recht Die haben sich alle vier schlafen gelegt; Nun komm, du lieber Herre, und erweck sie alle Viere.
Zwar sind diese Worte im platten Deutsch, welches man so gut, wie das Cursche, un- deutsch heissen könnte; hab indessen Ew. Wohlehrwürden mit diesem platten Deutsch nicht schwer fallen wollen, wohl wissend, was Ew. Wohlehrwürden schuldig bin. Mir ist in dieser Aufschrift so was vom lieben jüng- sten Tage, daß ich das Haus bey Mond- schein nicht ohne Schauer vorbeylaufen kann, wo diese jüngste Tagesschrift angeschrieben
ist.
zehn andaͤchtige Jungfern. Werde ſchwer- lich Hannchen zum ehelichen Gemahl neh- men.
Von Wahrzeichen weiß Ew. Wohlehr- wuͤrden wenig oder nichts zu ſagen, auſſer die ſchoͤne Aufſchrift an einem Hauſe, die meine Herren ſich den Tag wohl zehnmahl abfragen, und abantworten. Der eine faͤngt an: Klimm, ſchlaͤfſt du?
Der andre antwortet,
Treu, Glaub’, das Recht, und das rechte Recht Die haben ſich alle vier ſchlafen gelegt; Nun komm, du lieber Herre, und erweck ſie alle Viere.
Zwar ſind dieſe Worte im platten Deutſch, welches man ſo gut, wie das Curſche, un- deutſch heiſſen koͤnnte; hab indeſſen Ew. Wohlehrwuͤrden mit dieſem platten Deutſch nicht ſchwer fallen wollen, wohl wiſſend, was Ew. Wohlehrwuͤrden ſchuldig bin. Mir iſt in dieſer Aufſchrift ſo was vom lieben juͤng- ſten Tage, daß ich das Haus bey Mond- ſchein nicht ohne Schauer vorbeylaufen kann, wo dieſe juͤngſte Tagesſchrift angeſchrieben
iſt.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0300"n="294"/>
zehn andaͤchtige Jungfern. Werde ſchwer-<lb/>
lich Hannchen zum ehelichen Gemahl neh-<lb/>
men.</p><lb/><p>Von Wahrzeichen weiß Ew. Wohlehr-<lb/>
wuͤrden wenig oder nichts zu ſagen, auſſer<lb/>
die ſchoͤne Aufſchrift an einem Hauſe, die<lb/>
meine Herren ſich den Tag wohl zehnmahl<lb/>
abfragen, und abantworten. Der eine<lb/>
faͤngt an:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Klimm, ſchlaͤfſt du?</hi></hi></p><lb/><p>Der andre antwortet,</p><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#fr">Treu, Glaub’, das Recht, und das</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">rechte Recht</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">Die haben ſich alle vier ſchlafen</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">gelegt;</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">Nun komm, du lieber Herre,</hi></l><lb/><l><hirendition="#fr">und erweck ſie alle Viere.</hi></l></lg><lb/><p>Zwar ſind dieſe Worte im platten Deutſch,<lb/>
welches man ſo gut, wie das Curſche, un-<lb/>
deutſch heiſſen koͤnnte; hab indeſſen Ew.<lb/>
Wohlehrwuͤrden mit dieſem platten Deutſch<lb/>
nicht ſchwer fallen wollen, wohl wiſſend, was<lb/>
Ew. Wohlehrwuͤrden ſchuldig bin. Mir iſt<lb/>
in dieſer Aufſchrift ſo was vom lieben juͤng-<lb/>ſten Tage, daß ich das Haus bey Mond-<lb/>ſchein nicht ohne Schauer vorbeylaufen kann,<lb/>
wo dieſe juͤngſte Tagesſchrift angeſchrieben<lb/><fwplace="bottom"type="catch">iſt.</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[294/0300]
zehn andaͤchtige Jungfern. Werde ſchwer-
lich Hannchen zum ehelichen Gemahl neh-
men.
Von Wahrzeichen weiß Ew. Wohlehr-
wuͤrden wenig oder nichts zu ſagen, auſſer
die ſchoͤne Aufſchrift an einem Hauſe, die
meine Herren ſich den Tag wohl zehnmahl
abfragen, und abantworten. Der eine
faͤngt an:
Klimm, ſchlaͤfſt du?
Der andre antwortet,
Treu, Glaub’, das Recht, und das
rechte Recht
Die haben ſich alle vier ſchlafen
gelegt;
Nun komm, du lieber Herre,
und erweck ſie alle Viere.
Zwar ſind dieſe Worte im platten Deutſch,
welches man ſo gut, wie das Curſche, un-
deutſch heiſſen koͤnnte; hab indeſſen Ew.
Wohlehrwuͤrden mit dieſem platten Deutſch
nicht ſchwer fallen wollen, wohl wiſſend, was
Ew. Wohlehrwuͤrden ſchuldig bin. Mir iſt
in dieſer Aufſchrift ſo was vom lieben juͤng-
ſten Tage, daß ich das Haus bey Mond-
ſchein nicht ohne Schauer vorbeylaufen kann,
wo dieſe juͤngſte Tagesſchrift angeſchrieben
iſt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/300>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.