Lebensstunde gemacht, ich leide ihrethalber die natürlichen Strafen. Ich sterbe ihretwegen täglich und suche mir durch Bewegung und ein Glas Wein die Gedanken zu vertreiben, wenn sie mir ins Ohr raunen: du bist ein Selbstdieb! Gottlob, ein Selbstmörder bin ich nicht! -- Wer aber nie an sich selbst ge- sündiget, der hebe den ersten Stein wider mich! Ich bitte, den Herrn Generalsuperin- tendent nicht ausgeschlossen, ich bitte! --
Gott sey mir Sünder gnädig! das war so herzlich, als: Gott allein die Ehre!
Es giebt Seelen, die sich immer gleich, und wie ein sanfter schöner Tag sind, wo es immer scheint, es wolle die Sonne hervor, es wolle regnen, und es regnet nicht und es scheint nicht die Sonne! Ich habe auch der- gleichen Tage gehabt. Man könnte sie heilige Tage nennen, und den, der sie zu leben ver- steht, einen der geheiliget ist! da komm ei- nem, was da will, es regnet nicht, es scheint nicht die Sonne. Die Empfindung, daß uns alles, alles, zum besten dient, würkt so stark auf unser Herz, daß wir innerlich und äußer- lich ruhig sind! Da sieht man, so zu sagen, in allem Gott den Herrn. Jaget nach der Heiligung, sagt der Apostel, ohne welche
wird
Lebensſtunde gemacht, ich leide ihrethalber die natuͤrlichen Strafen. Ich ſterbe ihretwegen taͤglich und ſuche mir durch Bewegung und ein Glas Wein die Gedanken zu vertreiben, wenn ſie mir ins Ohr raunen: du biſt ein Selbſtdieb! Gottlob, ein Selbſtmoͤrder bin ich nicht! — Wer aber nie an ſich ſelbſt ge- ſuͤndiget, der hebe den erſten Stein wider mich! Ich bitte, den Herrn Generalſuperin- tendent nicht ausgeſchloſſen, ich bitte! —
Gott ſey mir Suͤnder gnaͤdig! das war ſo herzlich, als: Gott allein die Ehre!
Es giebt Seelen, die ſich immer gleich, und wie ein ſanfter ſchoͤner Tag ſind, wo es immer ſcheint, es wolle die Sonne hervor, es wolle regnen, und es regnet nicht und es ſcheint nicht die Sonne! Ich habe auch der- gleichen Tage gehabt. Man koͤnnte ſie heilige Tage nennen, und den, der ſie zu leben ver- ſteht, einen der geheiliget iſt! da komm ei- nem, was da will, es regnet nicht, es ſcheint nicht die Sonne. Die Empfindung, daß uns alles, alles, zum beſten dient, wuͤrkt ſo ſtark auf unſer Herz, daß wir innerlich und aͤußer- lich ruhig ſind! Da ſieht man, ſo zu ſagen, in allem Gott den Herrn. Jaget nach der Heiligung, ſagt der Apoſtel, ohne welche
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Lebensſtunde gemacht, ich leide ihrethalber die
natuͤrlichen Strafen. Ich ſterbe ihretwegen
taͤglich und ſuche mir durch Bewegung und
ein Glas Wein die Gedanken zu vertreiben,
wenn ſie mir ins Ohr raunen: du biſt ein
Selbſtdieb! Gottlob, ein Selbſtmoͤrder bin
ich nicht! — Wer aber nie an ſich ſelbſt ge-
ſuͤndiget, der hebe den erſten Stein wider
mich! Ich bitte, den Herrn Generalſuperin-
tendent nicht ausgeſchloſſen, ich bitte! —
Gott ſey mir Suͤnder gnaͤdig! das
war ſo herzlich, als: Gott allein die Ehre!
Es giebt Seelen, die ſich immer gleich,
und wie ein ſanfter ſchoͤner Tag ſind, wo es
immer ſcheint, es wolle die Sonne hervor,
es wolle regnen, und es regnet nicht und es
ſcheint nicht die Sonne! Ich habe auch der-
gleichen Tage gehabt. Man koͤnnte ſie heilige
Tage nennen, und den, der ſie zu leben ver-
ſteht, einen der geheiliget iſt! da komm ei-
nem, was da will, es regnet nicht, es ſcheint
nicht die Sonne. Die Empfindung, daß uns
alles, alles, zum beſten dient, wuͤrkt ſo ſtark
auf unſer Herz, daß wir innerlich und aͤußer-
lich ruhig ſind! Da ſieht man, ſo zu ſagen,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/242>, abgerufen am 23.11.2024.
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