Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

es alle solche Wasserschöpfer! -- Herr v. G --
hatte eben da seine eigentlichen Collegia ge-
hört. Er war aus Curland. Da, wo er ge-
bohren, waren schon sieben Herren v. G --
gebohren und gestorben; allein wahrlich kein
v. G -- seiner Art. Curland hat einen sol-
chen Mann schwerlich aus seinen Mitteln ge-
habt. Mein Vater konnte sich nicht überzeu-
gen, daß seine Vorfahren Curländer gewesen.
Er ist, wie die Curländer seyn könnten, und
wo sind v. Gs --? Wie aber, wenn die Na-
tur in einem Lande, wo Keckheit, Rauhigkeit,
Trotz und Tyranney unter dem Namen von
Freyheit gang und gäbe ist, einem Mann, der
ihrem ädlen Bilde ähnlich wäre, recht mit
Fleiß schaffen wollen? Wenn sie gedacht,
laßt mich einen Curländer machen, ein
Ideal!

Herr v. G -- hatte, wie jeder Junker, sei-
nen Hofmeister. Dieses war zum Unglück
ein so ausgelernter Künstler, daß er wider die
Landesgewohnheit viel todte Kenntniß besaß,
die in der curschen Dunkelheit hell schien; so
wie faules Holz gewöhnlich im finstern. Un-
ser Jüngling war seinem Führer am Verstan-
de unendlich überlegen; dieser aber jenem an
Sprüchen, und da der gute Goliath an dem

Herrn

es alle ſolche Waſſerſchoͤpfer! — Herr v. G —
hatte eben da ſeine eigentlichen Collegia ge-
hoͤrt. Er war aus Curland. Da, wo er ge-
bohren, waren ſchon ſieben Herren v. G —
gebohren und geſtorben; allein wahrlich kein
v. G — ſeiner Art. Curland hat einen ſol-
chen Mann ſchwerlich aus ſeinen Mitteln ge-
habt. Mein Vater konnte ſich nicht uͤberzeu-
gen, daß ſeine Vorfahren Curlaͤnder geweſen.
Er iſt, wie die Curlaͤnder ſeyn koͤnnten, und
wo ſind v. Gs —? Wie aber, wenn die Na-
tur in einem Lande, wo Keckheit, Rauhigkeit,
Trotz und Tyranney unter dem Namen von
Freyheit gang und gaͤbe iſt, einem Mann, der
ihrem aͤdlen Bilde aͤhnlich waͤre, recht mit
Fleiß ſchaffen wollen? Wenn ſie gedacht,
laßt mich einen Curlaͤnder machen, ein
Ideal!

Herr v. G — hatte, wie jeder Junker, ſei-
nen Hofmeiſter. Dieſes war zum Ungluͤck
ein ſo ausgelernter Kuͤnſtler, daß er wider die
Landesgewohnheit viel todte Kenntniß beſaß,
die in der curſchen Dunkelheit hell ſchien; ſo
wie faules Holz gewoͤhnlich im finſtern. Un-
ſer Juͤngling war ſeinem Fuͤhrer am Verſtan-
de unendlich uͤberlegen; dieſer aber jenem an
Spruͤchen, und da der gute Goliath an dem

Herrn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0166" n="160"/>
es alle &#x017F;olche Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;cho&#x0364;pfer! &#x2014; Herr v. G &#x2014;<lb/>
hatte eben da &#x017F;eine eigentlichen Collegia ge-<lb/>
ho&#x0364;rt. Er war aus Curland. Da, wo er ge-<lb/>
bohren, waren &#x017F;chon &#x017F;ieben Herren v. G &#x2014;<lb/>
gebohren und ge&#x017F;torben; allein wahrlich kein<lb/>
v. G &#x2014; &#x017F;einer Art. Curland hat einen &#x017F;ol-<lb/>
chen Mann &#x017F;chwerlich aus &#x017F;einen Mitteln ge-<lb/>
habt. Mein Vater konnte &#x017F;ich nicht u&#x0364;berzeu-<lb/>
gen, daß &#x017F;eine Vorfahren Curla&#x0364;nder gewe&#x017F;en.<lb/>
Er i&#x017F;t, wie die Curla&#x0364;nder &#x017F;eyn ko&#x0364;nnten, und<lb/>
wo &#x017F;ind <hi rendition="#fr">v. Gs</hi> &#x2014;? Wie aber, wenn die Na-<lb/>
tur in einem Lande, wo Keckheit, Rauhigkeit,<lb/>
Trotz und Tyranney unter dem Namen von<lb/>
Freyheit gang und ga&#x0364;be i&#x017F;t, einem Mann, der<lb/>
ihrem a&#x0364;dlen Bilde a&#x0364;hnlich wa&#x0364;re, recht mit<lb/>
Fleiß &#x017F;chaffen wollen? Wenn &#x017F;ie gedacht,<lb/>
laßt mich einen Curla&#x0364;nder machen, ein<lb/>
Ideal!</p><lb/>
        <p>Herr v. G &#x2014; hatte, wie jeder Junker, &#x017F;ei-<lb/>
nen Hofmei&#x017F;ter. Die&#x017F;es war zum Unglu&#x0364;ck<lb/>
ein &#x017F;o ausgelernter Ku&#x0364;n&#x017F;tler, daß er wider die<lb/>
Landesgewohnheit viel todte Kenntniß be&#x017F;aß,<lb/>
die in der cur&#x017F;chen Dunkelheit hell &#x017F;chien; &#x017F;o<lb/>
wie faules Holz gewo&#x0364;hnlich im fin&#x017F;tern. Un-<lb/>
&#x017F;er Ju&#x0364;ngling war &#x017F;einem Fu&#x0364;hrer am Ver&#x017F;tan-<lb/>
de unendlich u&#x0364;berlegen; die&#x017F;er aber jenem an<lb/>
Spru&#x0364;chen, und da der gute Goliath an dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herrn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0166] es alle ſolche Waſſerſchoͤpfer! — Herr v. G — hatte eben da ſeine eigentlichen Collegia ge- hoͤrt. Er war aus Curland. Da, wo er ge- bohren, waren ſchon ſieben Herren v. G — gebohren und geſtorben; allein wahrlich kein v. G — ſeiner Art. Curland hat einen ſol- chen Mann ſchwerlich aus ſeinen Mitteln ge- habt. Mein Vater konnte ſich nicht uͤberzeu- gen, daß ſeine Vorfahren Curlaͤnder geweſen. Er iſt, wie die Curlaͤnder ſeyn koͤnnten, und wo ſind v. Gs —? Wie aber, wenn die Na- tur in einem Lande, wo Keckheit, Rauhigkeit, Trotz und Tyranney unter dem Namen von Freyheit gang und gaͤbe iſt, einem Mann, der ihrem aͤdlen Bilde aͤhnlich waͤre, recht mit Fleiß ſchaffen wollen? Wenn ſie gedacht, laßt mich einen Curlaͤnder machen, ein Ideal! Herr v. G — hatte, wie jeder Junker, ſei- nen Hofmeiſter. Dieſes war zum Ungluͤck ein ſo ausgelernter Kuͤnſtler, daß er wider die Landesgewohnheit viel todte Kenntniß beſaß, die in der curſchen Dunkelheit hell ſchien; ſo wie faules Holz gewoͤhnlich im finſtern. Un- ſer Juͤngling war ſeinem Fuͤhrer am Verſtan- de unendlich uͤberlegen; dieſer aber jenem an Spruͤchen, und da der gute Goliath an dem Herrn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/166
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/166>, abgerufen am 21.11.2024.