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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Zeit war diese heilige Schwelle betreten -- ich
steh nicht für ihn. -- Man sieht es Ew. Gna-
den an -- sie erliegen! ohne Umstände ein
polnischer Abschied, oder ein deutscher! wie
sie befehlen!

Ha! das war ein Odemzug! Das Be-
harren bis ans End' ist nicht Jedermanns
Ding -- Viel Vergnügen auf der Redoute. --
Da sind freylich andere Gesichter! Narren-
kappen wie man sie will. Als Schäferinn
also? -- -- -- und diese Köpfe? O Freunde,
wie werth, wie werth zu sehen! Es sind Ge-
storbene, die eben kalt geworden, eben. --
Alle gantz pünktlich richtig nach dem Leben --
nach dem Tode, würd' ich sagen, nach ihrem
Sonnenuntergang! -- seelig, seelig, seelig,
sagte der Graf, sind die Todten, die im Herrn
sterben. Sie ruhen von ihrer Arbeit, ihre
Werke folgen ihnen nach -- Wir falteten alle
drey die Hände! Es war erwecklich anzuse-
hen. -- Sie sind, fieng der Graf Etwas zu
gesucht an, diese Todten hier, sind nach dem
Ausgang der Seele durchs rothe Meer, wie
diese schon Canaans Thurmspitzen sah, gemahlt.
Wenn die Seele, fuhr er fort, von ihrem
vieljährigen Freunde Abschied nimmt, ver-
ehrt sie ihm noch ein klein Andenken. Eine

goldne

Zeit war dieſe heilige Schwelle betreten — ich
ſteh nicht fuͤr ihn. — Man ſieht es Ew. Gna-
den an — ſie erliegen! ohne Umſtaͤnde ein
polniſcher Abſchied, oder ein deutſcher! wie
ſie befehlen!

Ha! das war ein Odemzug! Das Be-
harren bis ans End’ iſt nicht Jedermanns
Ding — Viel Vergnuͤgen auf der Redoute. —
Da ſind freylich andere Geſichter! Narren-
kappen wie man ſie will. Als Schaͤferinn
alſo? — — — und dieſe Koͤpfe? O Freunde,
wie werth, wie werth zu ſehen! Es ſind Ge-
ſtorbene, die eben kalt geworden, eben. —
Alle gantz puͤnktlich richtig nach dem Leben —
nach dem Tode, wuͤrd’ ich ſagen, nach ihrem
Sonnenuntergang! — ſeelig, ſeelig, ſeelig,
ſagte der Graf, ſind die Todten, die im Herrn
ſterben. Sie ruhen von ihrer Arbeit, ihre
Werke folgen ihnen nach — Wir falteten alle
drey die Haͤnde! Es war erwecklich anzuſe-
hen. — Sie ſind, fieng der Graf Etwas zu
geſucht an, dieſe Todten hier, ſind nach dem
Ausgang der Seele durchs rothe Meer, wie
dieſe ſchon Canaans Thurmſpitzen ſah, gemahlt.
Wenn die Seele, fuhr er fort, von ihrem
vieljaͤhrigen Freunde Abſchied nimmt, ver-
ehrt ſie ihm noch ein klein Andenken. Eine

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[72/0078] Zeit war dieſe heilige Schwelle betreten — ich ſteh nicht fuͤr ihn. — Man ſieht es Ew. Gna- den an — ſie erliegen! ohne Umſtaͤnde ein polniſcher Abſchied, oder ein deutſcher! wie ſie befehlen! Ha! das war ein Odemzug! Das Be- harren bis ans End’ iſt nicht Jedermanns Ding — Viel Vergnuͤgen auf der Redoute. — Da ſind freylich andere Geſichter! Narren- kappen wie man ſie will. Als Schaͤferinn alſo? — — — und dieſe Koͤpfe? O Freunde, wie werth, wie werth zu ſehen! Es ſind Ge- ſtorbene, die eben kalt geworden, eben. — Alle gantz puͤnktlich richtig nach dem Leben — nach dem Tode, wuͤrd’ ich ſagen, nach ihrem Sonnenuntergang! — ſeelig, ſeelig, ſeelig, ſagte der Graf, ſind die Todten, die im Herrn ſterben. Sie ruhen von ihrer Arbeit, ihre Werke folgen ihnen nach — Wir falteten alle drey die Haͤnde! Es war erwecklich anzuſe- hen. — Sie ſind, fieng der Graf Etwas zu geſucht an, dieſe Todten hier, ſind nach dem Ausgang der Seele durchs rothe Meer, wie dieſe ſchon Canaans Thurmſpitzen ſah, gemahlt. Wenn die Seele, fuhr er fort, von ihrem vieljaͤhrigen Freunde Abſchied nimmt, ver- ehrt ſie ihm noch ein klein Andenken. Eine goldne

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/78>, abgerufen am 27.11.2024.