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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Glück und Welt ist in diesem Königlichen
Sinn nicht viel auseinander, und so könnte
man auch sagen, der König habe Glück! --

Der König lies in seinen Feldzügen die
Kugeln um sich herum pfeifen und heulen;
so wie Mücken sah' er sie an, die um seinen
Kopf sich lustig machten. Man sollte fast
glauben, für einen unverwandten Blick auf
einen Fleck, für einen festen Gang zum Ziel,
für ein Bewustseyn: das ist der rechte Weg!
haben die Kugeln selbst Respekt. -- Im
Willen des Menschen liegt eine menschliche
Allmacht. -- Alle beherzte Leute verlieren
das Gleichgewicht, wenn sie einen Unsinni-
gen sehen. Ists Wunder, da die Beherzten
die Mitleidigsten sind? Feigheit allein ist
grausam. --

Was ist der Mensch ohne Vernunft? so
sehen Thiere nicht aus, welchen es doch allen
am besten, an der Vernunft, fehlt -- als ein
unsinniger Mensch. Er ist weniger als ein
Thier worden. -- Die menschliche Gestalt,
ohne Vernunft, ist das schrecklichste, was
man in der Natur sehen kann. Kains Zei-
chen ist ein Gnadenkreutz dagegen. Der Kö-
nig kann keinen Unsinnigen aushalten. Er

sieht,
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Gluͤck und Welt iſt in dieſem Koͤniglichen
Sinn nicht viel auseinander, und ſo koͤnnte
man auch ſagen, der Koͤnig habe Gluͤck! —

Der Koͤnig lies in ſeinen Feldzuͤgen die
Kugeln um ſich herum pfeifen und heulen;
ſo wie Muͤcken ſah’ er ſie an, die um ſeinen
Kopf ſich luſtig machten. Man ſollte faſt
glauben, fuͤr einen unverwandten Blick auf
einen Fleck, fuͤr einen feſten Gang zum Ziel,
fuͤr ein Bewuſtſeyn: das iſt der rechte Weg!
haben die Kugeln ſelbſt Reſpekt. — Im
Willen des Menſchen liegt eine menſchliche
Allmacht. — Alle beherzte Leute verlieren
das Gleichgewicht, wenn ſie einen Unſinni-
gen ſehen. Iſts Wunder, da die Beherzten
die Mitleidigſten ſind? Feigheit allein iſt
grauſam. —

Was iſt der Menſch ohne Vernunft? ſo
ſehen Thiere nicht aus, welchen es doch allen
am beſten, an der Vernunft, fehlt — als ein
unſinniger Menſch. Er iſt weniger als ein
Thier worden. — Die menſchliche Geſtalt,
ohne Vernunft, iſt das ſchrecklichſte, was
man in der Natur ſehen kann. Kains Zei-
chen iſt ein Gnadenkreutz dagegen. Der Koͤ-
nig kann keinen Unſinnigen aushalten. Er

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[435/0443] Gluͤck und Welt iſt in dieſem Koͤniglichen Sinn nicht viel auseinander, und ſo koͤnnte man auch ſagen, der Koͤnig habe Gluͤck! — Der Koͤnig lies in ſeinen Feldzuͤgen die Kugeln um ſich herum pfeifen und heulen; ſo wie Muͤcken ſah’ er ſie an, die um ſeinen Kopf ſich luſtig machten. Man ſollte faſt glauben, fuͤr einen unverwandten Blick auf einen Fleck, fuͤr einen feſten Gang zum Ziel, fuͤr ein Bewuſtſeyn: das iſt der rechte Weg! haben die Kugeln ſelbſt Reſpekt. — Im Willen des Menſchen liegt eine menſchliche Allmacht. — Alle beherzte Leute verlieren das Gleichgewicht, wenn ſie einen Unſinni- gen ſehen. Iſts Wunder, da die Beherzten die Mitleidigſten ſind? Feigheit allein iſt grauſam. — Was iſt der Menſch ohne Vernunft? ſo ſehen Thiere nicht aus, welchen es doch allen am beſten, an der Vernunft, fehlt — als ein unſinniger Menſch. Er iſt weniger als ein Thier worden. — Die menſchliche Geſtalt, ohne Vernunft, iſt das ſchrecklichſte, was man in der Natur ſehen kann. Kains Zei- chen iſt ein Gnadenkreutz dagegen. Der Koͤ- nig kann keinen Unſinnigen aushalten. Er ſieht, E e 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/443>, abgerufen am 22.11.2024.