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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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sich paaren sollte. Zwar hab' ich oft in mei-
nem Leben Folianten getragen, und Stellen-
weise, durch deine Güte, aus Folianten, die
einige Leute, ich weiß nicht warum, gerade-
weg Quellen heißen, geschöpft. Quellen im
gemeinen Leben sind im Verhältnis mit andern
Gewäßern nicht Folianten. --

Verzeih, Vater, meine Altklugheit, die
in diesem Briefe hie und da hervorsticht. --
Der König von Preußen, oder sein Blick, gab
mir Veniam aetatis. Ist man doch heiter am
heitern Tage. Ich müßte mich sehr irren,
wenn ich nicht des Dafürhaltens seyn sollte,
du wärest darum ein Monarchenfreund, weil
du ein Menschenfreund bist. Der Monarchen
wegen ists nicht. Da dem Herrn Christo,
deinem Herrn, eine Münze vorgezeigt ward,
was sagt' er? Gebet dem Kayser, was des
Kaysers ist, und Gotte, was Gottes ist. Die
Monarchen sind unserer Herzens Härtigkeit
halber von Gott gegeben, und da nur ein
Gott ist; so ist nach deiner Meynung die
Monarchie die klügste, die natürlichste Staats-
form. Sie ist die Theokratie in höchst feh-
lerhafter Uebersetzung. O Gott, wenn sie
doch einmal D. Martin Luther übersetzen
wollte, so ins ehrliche deutsch! Monarchie

ist

ſich paaren ſollte. Zwar hab’ ich oft in mei-
nem Leben Folianten getragen, und Stellen-
weiſe, durch deine Guͤte, aus Folianten, die
einige Leute, ich weiß nicht warum, gerade-
weg Quellen heißen, geſchoͤpft. Quellen im
gemeinen Leben ſind im Verhaͤltnis mit andern
Gewaͤßern nicht Folianten. —

Verzeih, Vater, meine Altklugheit, die
in dieſem Briefe hie und da hervorſticht. —
Der Koͤnig von Preußen, oder ſein Blick, gab
mir Veniam ætatis. Iſt man doch heiter am
heitern Tage. Ich muͤßte mich ſehr irren,
wenn ich nicht des Dafuͤrhaltens ſeyn ſollte,
du waͤreſt darum ein Monarchenfreund, weil
du ein Menſchenfreund biſt. Der Monarchen
wegen iſts nicht. Da dem Herrn Chriſto,
deinem Herrn, eine Muͤnze vorgezeigt ward,
was ſagt’ er? Gebet dem Kayſer, was des
Kayſers iſt, und Gotte, was Gottes iſt. Die
Monarchen ſind unſerer Herzens Haͤrtigkeit
halber von Gott gegeben, und da nur ein
Gott iſt; ſo iſt nach deiner Meynung die
Monarchie die kluͤgſte, die natuͤrlichſte Staats-
form. Sie iſt die Theokratie in hoͤchſt feh-
lerhafter Ueberſetzung. O Gott, wenn ſie
doch einmal D. Martin Luther uͤberſetzen
wollte, ſo ins ehrliche deutſch! Monarchie

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[429/0437] ſich paaren ſollte. Zwar hab’ ich oft in mei- nem Leben Folianten getragen, und Stellen- weiſe, durch deine Guͤte, aus Folianten, die einige Leute, ich weiß nicht warum, gerade- weg Quellen heißen, geſchoͤpft. Quellen im gemeinen Leben ſind im Verhaͤltnis mit andern Gewaͤßern nicht Folianten. — Verzeih, Vater, meine Altklugheit, die in dieſem Briefe hie und da hervorſticht. — Der Koͤnig von Preußen, oder ſein Blick, gab mir Veniam ætatis. Iſt man doch heiter am heitern Tage. Ich muͤßte mich ſehr irren, wenn ich nicht des Dafuͤrhaltens ſeyn ſollte, du waͤreſt darum ein Monarchenfreund, weil du ein Menſchenfreund biſt. Der Monarchen wegen iſts nicht. Da dem Herrn Chriſto, deinem Herrn, eine Muͤnze vorgezeigt ward, was ſagt’ er? Gebet dem Kayſer, was des Kayſers iſt, und Gotte, was Gottes iſt. Die Monarchen ſind unſerer Herzens Haͤrtigkeit halber von Gott gegeben, und da nur ein Gott iſt; ſo iſt nach deiner Meynung die Monarchie die kluͤgſte, die natuͤrlichſte Staats- form. Sie iſt die Theokratie in hoͤchſt feh- lerhafter Ueberſetzung. O Gott, wenn ſie doch einmal D. Martin Luther uͤberſetzen wollte, ſo ins ehrliche deutſch! Monarchie iſt

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/437>, abgerufen am 22.11.2024.