Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

niglich. -- Wenn er sie doch schonen möchte,
die grossen Königs-Augen, und sie nicht so hin
und herwerfen, oft auf Leute, die des Blicks
nicht werth sind -- wahrlich nicht. Nach
allem Menschmöglichen hab' ich mich erkun-
diget. Der kleinste Zug hat einen König. --
Man ißt bey ihm; er ißt bey keinem seiner
Unterthanen. Keiner würd' ihn, wenn der
Legitimationspunkt zum Regiment je zur
Frage kommen solte, seiner Vollmacht wegen
in Anspruch nehmen. Er trägt sie unterschrie-
ben und besiegelt in Gedanken, Gebehrden,
Worten und Werken. So viel Siegel, daß
der Lack ordentlich verschwendet ist. Feiner
Lack, Vater! -- Gleich wie ich ihn sahe,
dacht' ich, warum reisen denn nicht Dichter,
Mahler, Bildhauer nach diesem Ideal eines
Königlichen Aussehens, nach diesem Bilde
des Königes. Er herrscht und regiert. Re-
genten giebts auch in der Schule. Mein
Rector magnificus, den ich das letzte halbe
Jahr hatte, regiert' im rechten wahren Sinn;
allein herrschen kann nur König Friedrich! --
Beym Regieren wirds schwer! Du hättest
hören sollen, wie Se. Magnificenz Kron und
Scepter niederlegten, als wenn Sie sich ge-
badet hätten, so leicht, so wie neugebohren.

Herr-

niglich. — Wenn er ſie doch ſchonen moͤchte,
die groſſen Koͤnigs-Augen, und ſie nicht ſo hin
und herwerfen, oft auf Leute, die des Blicks
nicht werth ſind — wahrlich nicht. Nach
allem Menſchmoͤglichen hab’ ich mich erkun-
diget. Der kleinſte Zug hat einen Koͤnig. —
Man ißt bey ihm; er ißt bey keinem ſeiner
Unterthanen. Keiner wuͤrd’ ihn, wenn der
Legitimationspunkt zum Regiment je zur
Frage kommen ſolte, ſeiner Vollmacht wegen
in Anſpruch nehmen. Er traͤgt ſie unterſchrie-
ben und beſiegelt in Gedanken, Gebehrden,
Worten und Werken. So viel Siegel, daß
der Lack ordentlich verſchwendet iſt. Feiner
Lack, Vater! — Gleich wie ich ihn ſahe,
dacht’ ich, warum reiſen denn nicht Dichter,
Mahler, Bildhauer nach dieſem Ideal eines
Koͤniglichen Ausſehens, nach dieſem Bilde
des Koͤniges. Er herrſcht und regiert. Re-
genten giebts auch in der Schule. Mein
Rector magnificus, den ich das letzte halbe
Jahr hatte, regiert’ im rechten wahren Sinn;
allein herrſchen kann nur Koͤnig Friedrich! —
Beym Regieren wirds ſchwer! Du haͤtteſt
hoͤren ſollen, wie Se. Magnificenz Kron und
Scepter niederlegten, als wenn Sie ſich ge-
badet haͤtten, ſo leicht, ſo wie neugebohren.

Herr-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0432" n="424"/>
niglich. &#x2014; Wenn er &#x017F;ie doch &#x017F;chonen mo&#x0364;chte,<lb/>
die gro&#x017F;&#x017F;en Ko&#x0364;nigs-Augen, und &#x017F;ie nicht &#x017F;o hin<lb/>
und herwerfen, oft auf Leute, die des Blicks<lb/>
nicht werth &#x017F;ind &#x2014; wahrlich nicht. Nach<lb/>
allem Men&#x017F;chmo&#x0364;glichen hab&#x2019; ich mich erkun-<lb/>
diget. Der klein&#x017F;te Zug hat einen Ko&#x0364;nig. &#x2014;<lb/>
Man ißt bey ihm; er ißt bey keinem &#x017F;einer<lb/>
Unterthanen. Keiner wu&#x0364;rd&#x2019; ihn, wenn der<lb/>
Legitimationspunkt zum Regiment je zur<lb/>
Frage kommen &#x017F;olte, &#x017F;einer Vollmacht wegen<lb/>
in An&#x017F;pruch nehmen. Er tra&#x0364;gt &#x017F;ie unter&#x017F;chrie-<lb/>
ben und be&#x017F;iegelt in Gedanken, Gebehrden,<lb/>
Worten und Werken. So viel Siegel, daß<lb/>
der Lack ordentlich ver&#x017F;chwendet i&#x017F;t. Feiner<lb/>
Lack, Vater! &#x2014; Gleich wie ich ihn &#x017F;ahe,<lb/>
dacht&#x2019; ich, warum rei&#x017F;en denn nicht Dichter,<lb/>
Mahler, Bildhauer nach die&#x017F;em Ideal eines<lb/>
Ko&#x0364;niglichen Aus&#x017F;ehens, nach die&#x017F;em Bilde<lb/>
des Ko&#x0364;niges. Er herr&#x017F;cht und regiert. Re-<lb/>
genten giebts auch in der Schule. Mein<lb/>
Rector magnificus, den ich das letzte halbe<lb/>
Jahr hatte, regiert&#x2019; im rechten wahren Sinn;<lb/>
allein herr&#x017F;chen kann nur Ko&#x0364;nig Friedrich! &#x2014;<lb/>
Beym Regieren wirds &#x017F;chwer! Du ha&#x0364;tte&#x017F;t<lb/>
ho&#x0364;ren &#x017F;ollen, wie Se. Magnificenz Kron und<lb/>
Scepter niederlegten, als wenn Sie &#x017F;ich ge-<lb/>
badet ha&#x0364;tten, &#x017F;o leicht, &#x017F;o wie neugebohren.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herr-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0432] niglich. — Wenn er ſie doch ſchonen moͤchte, die groſſen Koͤnigs-Augen, und ſie nicht ſo hin und herwerfen, oft auf Leute, die des Blicks nicht werth ſind — wahrlich nicht. Nach allem Menſchmoͤglichen hab’ ich mich erkun- diget. Der kleinſte Zug hat einen Koͤnig. — Man ißt bey ihm; er ißt bey keinem ſeiner Unterthanen. Keiner wuͤrd’ ihn, wenn der Legitimationspunkt zum Regiment je zur Frage kommen ſolte, ſeiner Vollmacht wegen in Anſpruch nehmen. Er traͤgt ſie unterſchrie- ben und beſiegelt in Gedanken, Gebehrden, Worten und Werken. So viel Siegel, daß der Lack ordentlich verſchwendet iſt. Feiner Lack, Vater! — Gleich wie ich ihn ſahe, dacht’ ich, warum reiſen denn nicht Dichter, Mahler, Bildhauer nach dieſem Ideal eines Koͤniglichen Ausſehens, nach dieſem Bilde des Koͤniges. Er herrſcht und regiert. Re- genten giebts auch in der Schule. Mein Rector magnificus, den ich das letzte halbe Jahr hatte, regiert’ im rechten wahren Sinn; allein herrſchen kann nur Koͤnig Friedrich! — Beym Regieren wirds ſchwer! Du haͤtteſt hoͤren ſollen, wie Se. Magnificenz Kron und Scepter niederlegten, als wenn Sie ſich ge- badet haͤtten, ſo leicht, ſo wie neugebohren. Herr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/432
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/432>, abgerufen am 22.11.2024.