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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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giengen sie zum grössern Haufen zurück, der
in der Entfernung geblieben war.

Es gieng alles wieder Paarweise so, wie
es gekommen war. An Minens Grabe streute
Gretchen die von mir erhaltene Blumen
hin. -- Sie warf sich nieder, (schwerlich
hätte sie dies thun können, wenn sie in hoch-
zeitlichen Schmuck gewesen wäre) und weinte,
als ob sie bis hieher ihre Thränen aufgespart
hätte. Der schwerfällige Justitzrath setzte
sich -- ich kniete. -- Der Prediger und
seine Frau hatten sich umfäßt. -- Die bey-
den Dorfältesten standen von ferne. Wir
weinten alle. Das neue Paar weinte mit,
aus dem dritten Capitel. Es war rührend!
Ihr sahe man die Wort' an: "ich will dir
viel Schmerzen machen, wenn du schwan-
ger wirst, du solt mit Schmerzen Kinder
gebähren, und dein Wille soll deinem
Manne unterworfen seyn, und er soll
dein Herr seyn.
Ihm, die folgende Verse:
dieweil du hast gehorchet der Stimme
deines Weibes und gessen von dem
Baum, davon ich dir gebot und sprach:
du solt nicht davon essen; verflucht sey
der Acker um deinetwillen, mit Kum-
mer solt du dich darauf nähren dein

Leben-
Y 2

giengen ſie zum groͤſſern Haufen zuruͤck, der
in der Entfernung geblieben war.

Es gieng alles wieder Paarweiſe ſo, wie
es gekommen war. An Minens Grabe ſtreute
Gretchen die von mir erhaltene Blumen
hin. — Sie warf ſich nieder, (ſchwerlich
haͤtte ſie dies thun koͤnnen, wenn ſie in hoch-
zeitlichen Schmuck geweſen waͤre) und weinte,
als ob ſie bis hieher ihre Thraͤnen aufgeſpart
haͤtte. Der ſchwerfaͤllige Juſtitzrath ſetzte
ſich — ich kniete. — Der Prediger und
ſeine Frau hatten ſich umfaͤßt. — Die bey-
den Dorfaͤlteſten ſtanden von ferne. Wir
weinten alle. Das neue Paar weinte mit,
aus dem dritten Capitel. Es war ruͤhrend!
Ihr ſahe man die Wort’ an: „ich will dir
viel Schmerzen machen, wenn du ſchwan-
ger wirſt, du ſolt mit Schmerzen Kinder
gebaͤhren, und dein Wille ſoll deinem
Manne unterworfen ſeyn, und er ſoll
dein Herr ſeyn.
Ihm, die folgende Verſe:
dieweil du haſt gehorchet der Stimme
deines Weibes und geſſen von dem
Baum, davon ich dir gebot und ſprach:
du ſolt nicht davon eſſen; verflucht ſey
der Acker um deinetwillen, mit Kum-
mer ſolt du dich darauf naͤhren dein

Leben-
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[339/0345] giengen ſie zum groͤſſern Haufen zuruͤck, der in der Entfernung geblieben war. Es gieng alles wieder Paarweiſe ſo, wie es gekommen war. An Minens Grabe ſtreute Gretchen die von mir erhaltene Blumen hin. — Sie warf ſich nieder, (ſchwerlich haͤtte ſie dies thun koͤnnen, wenn ſie in hoch- zeitlichen Schmuck geweſen waͤre) und weinte, als ob ſie bis hieher ihre Thraͤnen aufgeſpart haͤtte. Der ſchwerfaͤllige Juſtitzrath ſetzte ſich — ich kniete. — Der Prediger und ſeine Frau hatten ſich umfaͤßt. — Die bey- den Dorfaͤlteſten ſtanden von ferne. Wir weinten alle. Das neue Paar weinte mit, aus dem dritten Capitel. Es war ruͤhrend! Ihr ſahe man die Wort’ an: „ich will dir viel Schmerzen machen, wenn du ſchwan- ger wirſt, du ſolt mit Schmerzen Kinder gebaͤhren, und dein Wille ſoll deinem Manne unterworfen ſeyn, und er ſoll dein Herr ſeyn. Ihm, die folgende Verſe: dieweil du haſt gehorchet der Stimme deines Weibes und geſſen von dem Baum, davon ich dir gebot und ſprach: du ſolt nicht davon eſſen; verflucht ſey der Acker um deinetwillen, mit Kum- mer ſolt du dich darauf naͤhren dein Leben- Y 2

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/345>, abgerufen am 03.07.2024.