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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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thanael bey den Frauenzimmern erträglich,
ohne daß hiebey auf seine mühsame Dekora-
tion gesehen ward, die der Schmerz, nach
seiner Gewohnheit, ziemlich in Unordnung
gebracht hatte. Man bat den Nathanael so
gar, noch länger zu weilen, um von Minen
und mir erzählen zu können. Nathanael blieb
in Mitbetracht des Mondscheins. -- Seine
Bitte war die Erlaubnis, Minens Andenken
in L -- öfters feyern zu dörfen, die ihm selbst
von der Predigerin bewilliget ward. Ohne
Thränen aber nicht,
fügte diese gute Han-
na hinzu: Zu befehlen, beschlos Nathanael,
und fuhr seine Straße weinerlich. Der
Prediger, Hanna
und Gretchen, begleite-
ten ihn bis -- an den Mond, hätt' ich bald
geschrieben -- bis ins freye. Alle sahen auf
Minens Grab, und es kam jeden so vor, als
wenn der Mond hier ganz besonders sich hin-
gewandt und es beblitzet. -- Was meynst
du, Einzelner! es ist doch gut, wenn man
Freunde nachläßt, die beym Mondschein nach
unserm Grabe sehen. -- Nathanael, der,
ohne daß Gretchen es empfunden, so oft es
die Thränen nachgegeben, sein Auge nicht von
ihr gelassen, war so erbaut, von allen diesen
Vorgängen, daß er -- weg war. Am Heck

sang

thanael bey den Frauenzimmern ertraͤglich,
ohne daß hiebey auf ſeine muͤhſame Dekora-
tion geſehen ward, die der Schmerz, nach
ſeiner Gewohnheit, ziemlich in Unordnung
gebracht hatte. Man bat den Nathanael ſo
gar, noch laͤnger zu weilen, um von Minen
und mir erzaͤhlen zu koͤnnen. Nathanael blieb
in Mitbetracht des Mondſcheins. — Seine
Bitte war die Erlaubnis, Minens Andenken
in L — oͤfters feyern zu doͤrfen, die ihm ſelbſt
von der Predigerin bewilliget ward. Ohne
Thraͤnen aber nicht,
fuͤgte dieſe gute Han-
na hinzu: Zu befehlen, beſchlos Nathanael,
und fuhr ſeine Straße weinerlich. Der
Prediger, Hanna
und Gretchen, begleite-
ten ihn bis — an den Mond, haͤtt’ ich bald
geſchrieben — bis ins freye. Alle ſahen auf
Minens Grab, und es kam jeden ſo vor, als
wenn der Mond hier ganz beſonders ſich hin-
gewandt und es beblitzet. — Was meynſt
du, Einzelner! es iſt doch gut, wenn man
Freunde nachlaͤßt, die beym Mondſchein nach
unſerm Grabe ſehen. — Nathanael, der,
ohne daß Gretchen es empfunden, ſo oft es
die Thraͤnen nachgegeben, ſein Auge nicht von
ihr gelaſſen, war ſo erbaut, von allen dieſen
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[312/0318] thanael bey den Frauenzimmern ertraͤglich, ohne daß hiebey auf ſeine muͤhſame Dekora- tion geſehen ward, die der Schmerz, nach ſeiner Gewohnheit, ziemlich in Unordnung gebracht hatte. Man bat den Nathanael ſo gar, noch laͤnger zu weilen, um von Minen und mir erzaͤhlen zu koͤnnen. Nathanael blieb in Mitbetracht des Mondſcheins. — Seine Bitte war die Erlaubnis, Minens Andenken in L — oͤfters feyern zu doͤrfen, die ihm ſelbſt von der Predigerin bewilliget ward. Ohne Thraͤnen aber nicht, fuͤgte dieſe gute Han- na hinzu: Zu befehlen, beſchlos Nathanael, und fuhr ſeine Straße weinerlich. Der Prediger, Hanna und Gretchen, begleite- ten ihn bis — an den Mond, haͤtt’ ich bald geſchrieben — bis ins freye. Alle ſahen auf Minens Grab, und es kam jeden ſo vor, als wenn der Mond hier ganz beſonders ſich hin- gewandt und es beblitzet. — Was meynſt du, Einzelner! es iſt doch gut, wenn man Freunde nachlaͤßt, die beym Mondſchein nach unſerm Grabe ſehen. — Nathanael, der, ohne daß Gretchen es empfunden, ſo oft es die Thraͤnen nachgegeben, ſein Auge nicht von ihr gelaſſen, war ſo erbaut, von allen dieſen Vorgaͤngen, daß er — weg war. Am Heck ſang

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/318>, abgerufen am 22.11.2024.