heraus, wenn ich ausgeführet werde. Reise, wenn es deine Gesundheit erlaubt, dahin, wo ich dich erschlug und schreye ein Vater unser für mich. --
Dieser Brief, anstatt daß er Kraut und Pflaster zur Beruhigung für Greten seyn sollte, nährte ihren Gram. Er brachte ihr empfindlichere Wunden bey, als Hansens Mordmesser. Niemand hatte Hansens Tod erwartet. Hans nahm sein Urtel als Got- tes Ausspruch an. Grete war ausser sich. Sie wollte für ihn sterben. Die Geistlichen löse- ten die Wundärzte ab, um ihr Ruhe zuzu- sprechen; allein vergebens. Das Wollen, schrie sie, nicht das Vollbringen. Wenn Gott strafen sollte, was wir wollen, wer könnte vor ihm bestehen? Sie sprach wie alle Leute, die ausser sich sind, so weise, so ver- nünftig, daß sich Jedes wunderte, wo sie alles dieses her hatte, was würklich über ihr war. Es war kläglich anzusehen, daß diese beyden Menschen ohneinander nicht leben, nicht sterben konnten. Grete trat, ohne daß Hans es wuste, den König an. Sie sind ein Mensch, schrieb sie, Monarch, und machen sich eine Ehre draus, es zu seyn! Schenken Sie Hausen das Leben, oder nehmen Sie es
mir,
T 4
heraus, wenn ich ausgefuͤhret werde. Reiſe, wenn es deine Geſundheit erlaubt, dahin, wo ich dich erſchlug und ſchreye ein Vater unſer fuͤr mich. —
Dieſer Brief, anſtatt daß er Kraut und Pflaſter zur Beruhigung fuͤr Greten ſeyn ſollte, naͤhrte ihren Gram. Er brachte ihr empfindlichere Wunden bey, als Hanſens Mordmeſſer. Niemand hatte Hanſens Tod erwartet. Hans nahm ſein Urtel als Got- tes Ausſpruch an. Grete war auſſer ſich. Sie wollte fuͤr ihn ſterben. Die Geiſtlichen loͤſe- ten die Wundaͤrzte ab, um ihr Ruhe zuzu- ſprechen; allein vergebens. Das Wollen, ſchrie ſie, nicht das Vollbringen. Wenn Gott ſtrafen ſollte, was wir wollen, wer koͤnnte vor ihm beſtehen? Sie ſprach wie alle Leute, die auſſer ſich ſind, ſo weiſe, ſo ver- nuͤnftig, daß ſich Jedes wunderte, wo ſie alles dieſes her hatte, was wuͤrklich uͤber ihr war. Es war klaͤglich anzuſehen, daß dieſe beyden Menſchen ohneinander nicht leben, nicht ſterben konnten. Grete trat, ohne daß Hans es wuſte, den Koͤnig an. Sie ſind ein Menſch, ſchrieb ſie, Monarch, und machen ſich eine Ehre draus, es zu ſeyn! Schenken Sie Hauſen das Leben, oder nehmen Sie es
mir,
T 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0301"n="295"/><hirendition="#et">heraus, wenn ich ausgefuͤhret werde.<lb/>
Reiſe, wenn es deine Geſundheit erlaubt,<lb/>
dahin, wo ich dich erſchlug und ſchreye ein<lb/>
Vater unſer fuͤr mich. —</hi></p><lb/><p>Dieſer Brief, anſtatt daß er Kraut und<lb/>
Pflaſter zur Beruhigung fuͤr Greten ſeyn<lb/>ſollte, naͤhrte ihren Gram. Er brachte ihr<lb/>
empfindlichere Wunden bey, als Hanſens<lb/>
Mordmeſſer. Niemand hatte Hanſens Tod<lb/>
erwartet. Hans nahm ſein Urtel als Got-<lb/>
tes Ausſpruch an. Grete war auſſer ſich. Sie<lb/>
wollte fuͤr ihn ſterben. Die Geiſtlichen loͤſe-<lb/>
ten die Wundaͤrzte ab, um ihr Ruhe zuzu-<lb/>ſprechen; allein vergebens. Das Wollen,<lb/>ſchrie ſie, nicht das Vollbringen. Wenn<lb/>
Gott ſtrafen ſollte, was wir wollen, wer<lb/>
koͤnnte vor ihm beſtehen? Sie ſprach wie alle<lb/>
Leute, die auſſer ſich ſind, ſo weiſe, ſo ver-<lb/>
nuͤnftig, daß ſich Jedes wunderte, wo ſie<lb/>
alles dieſes her hatte, was wuͤrklich uͤber ihr<lb/>
war. Es war klaͤglich anzuſehen, daß dieſe<lb/>
beyden Menſchen ohneinander nicht leben,<lb/>
nicht ſterben konnten. Grete trat, ohne daß<lb/>
Hans es wuſte, den Koͤnig an. Sie ſind ein<lb/>
Menſch, ſchrieb ſie, Monarch, und machen<lb/>ſich eine Ehre draus, es zu ſeyn! Schenken<lb/>
Sie Hauſen das Leben, oder nehmen Sie es<lb/><fwplace="bottom"type="sig">T 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">mir,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[295/0301]
heraus, wenn ich ausgefuͤhret werde.
Reiſe, wenn es deine Geſundheit erlaubt,
dahin, wo ich dich erſchlug und ſchreye ein
Vater unſer fuͤr mich. —
Dieſer Brief, anſtatt daß er Kraut und
Pflaſter zur Beruhigung fuͤr Greten ſeyn
ſollte, naͤhrte ihren Gram. Er brachte ihr
empfindlichere Wunden bey, als Hanſens
Mordmeſſer. Niemand hatte Hanſens Tod
erwartet. Hans nahm ſein Urtel als Got-
tes Ausſpruch an. Grete war auſſer ſich. Sie
wollte fuͤr ihn ſterben. Die Geiſtlichen loͤſe-
ten die Wundaͤrzte ab, um ihr Ruhe zuzu-
ſprechen; allein vergebens. Das Wollen,
ſchrie ſie, nicht das Vollbringen. Wenn
Gott ſtrafen ſollte, was wir wollen, wer
koͤnnte vor ihm beſtehen? Sie ſprach wie alle
Leute, die auſſer ſich ſind, ſo weiſe, ſo ver-
nuͤnftig, daß ſich Jedes wunderte, wo ſie
alles dieſes her hatte, was wuͤrklich uͤber ihr
war. Es war klaͤglich anzuſehen, daß dieſe
beyden Menſchen ohneinander nicht leben,
nicht ſterben konnten. Grete trat, ohne daß
Hans es wuſte, den Koͤnig an. Sie ſind ein
Menſch, ſchrieb ſie, Monarch, und machen
ſich eine Ehre draus, es zu ſeyn! Schenken
Sie Hauſen das Leben, oder nehmen Sie es
mir,
T 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/301>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.