durch diese Solennität überrascht werden, mithin hätt' er thun müssen, als wüßt' er nicht, was Trumpf wäre. Er wollt' es auch, wie mich dünkt; indessen zeigte seine lichter- loh brennende goldne Weste das Gegentheil. All sein Tichten und Trachten fiel zusehens dahin aus, daß ihm diese Feyerlichkeit, die im Finstern geschlichen, nicht unbekannt ge- blieben. Er sahe leibhaftig wie das Ziel aus, nach dem geschossen ward.
Ich merkte bey aller meiner Zerstreuung, daß Amalia der schmucken Trine des guten Junker Gotthards Abbruch gethan, und ob- gleich er gewiß mehr, als eine, in dieser Ge- gend (wieder sein Ausdruck) auf dem Korn hatte; so schien doch Amalia das Schnupf- tuch empfangen zu haben. Jene mit schwar- zem Haar, wie Ebenholz, wobey eigentlich Junker Gotthard titulo institutionis honora- bili zum Erben eingesetzet war, hatt' es we- gen der zehn tausend Liebesgötter auf dem Busen, die bis auf zehn reducirt wurden, ver- dorben. Amalia hatte sehr wohl bedächtlich die- sen Abend alles, was ihr nachtheilig seyn konn- te, entfernet; sie allein wollte mit ihrer blonden Stirne siegen und mit ihrem wallenden herauf bebendem Busen, und mit ihrem dahin fliessen-
den
durch dieſe Solennitaͤt uͤberraſcht werden, mithin haͤtt’ er thun muͤſſen, als wuͤßt’ er nicht, was Trumpf waͤre. Er wollt’ es auch, wie mich duͤnkt; indeſſen zeigte ſeine lichter- loh brennende goldne Weſte das Gegentheil. All ſein Tichten und Trachten fiel zuſehens dahin aus, daß ihm dieſe Feyerlichkeit, die im Finſtern geſchlichen, nicht unbekannt ge- blieben. Er ſahe leibhaftig wie das Ziel aus, nach dem geſchoſſen ward.
Ich merkte bey aller meiner Zerſtreuung, daß Amalia der ſchmucken Trine des guten Junker Gotthards Abbruch gethan, und ob- gleich er gewiß mehr, als eine, in dieſer Ge- gend (wieder ſein Ausdruck) auf dem Korn hatte; ſo ſchien doch Amalia das Schnupf- tuch empfangen zu haben. Jene mit ſchwar- zem Haar, wie Ebenholz, wobey eigentlich Junker Gotthard titulo inſtitutionis honora- bili zum Erben eingeſetzet war, hatt’ es we- gen der zehn tauſend Liebesgoͤtter auf dem Buſen, die bis auf zehn reducirt wurden, ver- dorben. Amalia hatte ſehr wohl bedaͤchtlich die- ſen Abend alles, was ihr nachtheilig ſeyn konn- te, entfernet; ſie allein wollte mit ihrer blonden Stirne ſiegen und mit ihrem wallenden herauf bebendem Buſen, und mit ihrem dahin flieſſen-
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durch dieſe Solennitaͤt uͤberraſcht werden,
mithin haͤtt’ er thun muͤſſen, als wuͤßt’ er
nicht, was Trumpf waͤre. Er wollt’ es auch,
wie mich duͤnkt; indeſſen zeigte ſeine lichter-
loh brennende goldne Weſte das Gegentheil.
All ſein Tichten und Trachten fiel zuſehens
dahin aus, daß ihm dieſe Feyerlichkeit, die
im Finſtern geſchlichen, nicht unbekannt ge-
blieben. Er ſahe leibhaftig wie das Ziel aus,
nach dem geſchoſſen ward.
Ich merkte bey aller meiner Zerſtreuung,
daß Amalia der ſchmucken Trine des guten
Junker Gotthards Abbruch gethan, und ob-
gleich er gewiß mehr, als eine, in dieſer Ge-
gend (wieder ſein Ausdruck) auf dem Korn
hatte; ſo ſchien doch Amalia das Schnupf-
tuch empfangen zu haben. Jene mit ſchwar-
zem Haar, wie Ebenholz, wobey eigentlich
Junker Gotthard titulo inſtitutionis honora-
bili zum Erben eingeſetzet war, hatt’ es we-
gen der zehn tauſend Liebesgoͤtter auf dem
Buſen, die bis auf zehn reducirt wurden, ver-
dorben. Amalia hatte ſehr wohl bedaͤchtlich die-
ſen Abend alles, was ihr nachtheilig ſeyn konn-
te, entfernet; ſie allein wollte mit ihrer blonden
Stirne ſiegen und mit ihrem wallenden herauf
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/264>, abgerufen am 23.11.2024.
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