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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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alles überdacht; allein meine Verlegenheit
war bis jetzt noch nicht herrschend worden.
Das Ende trug die Last. Wie ich stand und
gieng trat ich meine Reise nach L -- an, und
wenn ich auch mehr Zeit gehabt, oder mir
mehr Zeit genommen, was hätt' ich mitneh-
men können? Eben erwartet' ich mein Aus-
geding von Hause. Wo Brod in der Wüste?
Ohn' einer Bedenklichkeit Red oder nur Ge-
danken zu stehen, gieng ich hin, brach und
las.

"Weißt du was anekhou kai apekhou sagen
"will? Dein griechisch hast du nicht ver-
"geßen, das weiß ich. -- Sollte der Geist die-
"ser Worte von dir gewichen seyn? Das
"wolle Gott nicht! und die deutsche Note ne-
"ben her: In der größten Noth! -- Ist sie
"dir entfallen? Prüfe dich, ehe du weiter
"brichst. Es giebt nicht blos Geldnoth, son-
"dern auch viele von anderer Art, z. E. Mel-
"chisedechs-Noth! -- anekhou kai apekhou in der
"größten Noth! --"

Ich fand in dem Zimmer meines Amulets,
das ich erbrochen hatte, Schaustücke, ich
zählte sie nicht, sondern nahm ihrer drey;
zwey für den Prediger, eins für den Organi-
sien. Dem letzten schickt' ich eins hin. Herr

Predi-
Q 4

alles uͤberdacht; allein meine Verlegenheit
war bis jetzt noch nicht herrſchend worden.
Das Ende trug die Laſt. Wie ich ſtand und
gieng trat ich meine Reiſe nach L — an, und
wenn ich auch mehr Zeit gehabt, oder mir
mehr Zeit genommen, was haͤtt’ ich mitneh-
men koͤnnen? Eben erwartet’ ich mein Aus-
geding von Hauſe. Wo Brod in der Wuͤſte?
Ohn’ einer Bedenklichkeit Red oder nur Ge-
danken zu ſtehen, gieng ich hin, brach und
las.

„Weißt du was ανέχου και απέχου ſagen
„will? Dein griechiſch haſt du nicht ver-
„geßen, das weiß ich. — Sollte der Geiſt die-
„ſer Worte von dir gewichen ſeyn? Das
„wolle Gott nicht! und die deutſche Note ne-
„ben her: In der groͤßten Noth! — Iſt ſie
„dir entfallen? Pruͤfe dich, ehe du weiter
„brichſt. Es giebt nicht blos Geldnoth, ſon-
„dern auch viele von anderer Art, z. E. Mel-
„chiſedechs-Noth! — ανέχου και απέχου in der
„groͤßten Noth! —“

Ich fand in dem Zimmer meines Amulets,
das ich erbrochen hatte, Schauſtuͤcke, ich
zaͤhlte ſie nicht, ſondern nahm ihrer drey;
zwey fuͤr den Prediger, eins fuͤr den Organi-
ſien. Dem letzten ſchickt’ ich eins hin. Herr

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Q 4
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[247/0253] alles uͤberdacht; allein meine Verlegenheit war bis jetzt noch nicht herrſchend worden. Das Ende trug die Laſt. Wie ich ſtand und gieng trat ich meine Reiſe nach L — an, und wenn ich auch mehr Zeit gehabt, oder mir mehr Zeit genommen, was haͤtt’ ich mitneh- men koͤnnen? Eben erwartet’ ich mein Aus- geding von Hauſe. Wo Brod in der Wuͤſte? Ohn’ einer Bedenklichkeit Red oder nur Ge- danken zu ſtehen, gieng ich hin, brach und las. „Weißt du was ανέχου και απέχου ſagen „will? Dein griechiſch haſt du nicht ver- „geßen, das weiß ich. — Sollte der Geiſt die- „ſer Worte von dir gewichen ſeyn? Das „wolle Gott nicht! und die deutſche Note ne- „ben her: In der groͤßten Noth! — Iſt ſie „dir entfallen? Pruͤfe dich, ehe du weiter „brichſt. Es giebt nicht blos Geldnoth, ſon- „dern auch viele von anderer Art, z. E. Mel- „chiſedechs-Noth! — ανέχου και απέχου in der „groͤßten Noth! —“ Ich fand in dem Zimmer meines Amulets, das ich erbrochen hatte, Schauſtuͤcke, ich zaͤhlte ſie nicht, ſondern nahm ihrer drey; zwey fuͤr den Prediger, eins fuͤr den Organi- ſien. Dem letzten ſchickt’ ich eins hin. Herr Predi- Q 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/253>, abgerufen am 18.05.2024.