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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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ende, wo immer viel geredet wird. Christus
hielt keine Reden, wie Sokrates, da er starb.
Ihm schrieb kein Plato die Predigt nach. Der
Herr der Natur starb natürlich. Alles zu-
sammen, mit sammt dem Testamente, be-
stand in sieben Worten. Eine schöne Zahl!
Laßt uns die Sache beym rechten Ende fassen.
Der Mensch mag es machen, wie er will, es
finden sich Lebensstellen, wo er offenbar zu
kurz kommt. Er kommt nicht aus, und
macht einen Concurs, wo Gott, er und sein
Mitmensch, claßificiret werden, wo es über-
all heißt: Soll haben, hat nicht. Soll
bezahlen, kann nicht.
Wir können uns
zwar vor den Blicken der Welt verbergen;
allein der Furcht, verrathen und verkauft zu
werden, wer kann der auf Flügeln der Mor-
genröthe entfliehen? Und wenn wir der Welt
entkommen, sind wir uns selbst entflohn?
Der Hauszeuge ist in den Gerichtshöfen ver-
dächtig; allein das Gewissen ist unbestechbar,
und so erhaben, daß man ihm auch nichts
einst anzubieten wagt. Verschließ dich, wie
du willst, das Gewissen begleitet dich. Es
schläft und schlummert nicht, es geht nicht
über Feld, und was das ärgste ist -- es hat
ein göttliches Gedächtnis. Das Gewissen ist

Gottes

ende, wo immer viel geredet wird. Chriſtus
hielt keine Reden, wie Sokrates, da er ſtarb.
Ihm ſchrieb kein Plato die Predigt nach. Der
Herr der Natur ſtarb natuͤrlich. Alles zu-
ſammen, mit ſammt dem Teſtamente, be-
ſtand in ſieben Worten. Eine ſchoͤne Zahl!
Laßt uns die Sache beym rechten Ende faſſen.
Der Menſch mag es machen, wie er will, es
finden ſich Lebensſtellen, wo er offenbar zu
kurz kommt. Er kommt nicht aus, und
macht einen Concurs, wo Gott, er und ſein
Mitmenſch, claßificiret werden, wo es uͤber-
all heißt: Soll haben, hat nicht. Soll
bezahlen, kann nicht.
Wir koͤnnen uns
zwar vor den Blicken der Welt verbergen;
allein der Furcht, verrathen und verkauft zu
werden, wer kann der auf Fluͤgeln der Mor-
genroͤthe entfliehen? Und wenn wir der Welt
entkommen, ſind wir uns ſelbſt entflohn?
Der Hauszeuge iſt in den Gerichtshoͤfen ver-
daͤchtig; allein das Gewiſſen iſt unbeſtechbar,
und ſo erhaben, daß man ihm auch nichts
einſt anzubieten wagt. Verſchließ dich, wie
du willſt, das Gewiſſen begleitet dich. Es
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[206/0212] ende, wo immer viel geredet wird. Chriſtus hielt keine Reden, wie Sokrates, da er ſtarb. Ihm ſchrieb kein Plato die Predigt nach. Der Herr der Natur ſtarb natuͤrlich. Alles zu- ſammen, mit ſammt dem Teſtamente, be- ſtand in ſieben Worten. Eine ſchoͤne Zahl! Laßt uns die Sache beym rechten Ende faſſen. Der Menſch mag es machen, wie er will, es finden ſich Lebensſtellen, wo er offenbar zu kurz kommt. Er kommt nicht aus, und macht einen Concurs, wo Gott, er und ſein Mitmenſch, claßificiret werden, wo es uͤber- all heißt: Soll haben, hat nicht. Soll bezahlen, kann nicht. Wir koͤnnen uns zwar vor den Blicken der Welt verbergen; allein der Furcht, verrathen und verkauft zu werden, wer kann der auf Fluͤgeln der Mor- genroͤthe entfliehen? Und wenn wir der Welt entkommen, ſind wir uns ſelbſt entflohn? Der Hauszeuge iſt in den Gerichtshoͤfen ver- daͤchtig; allein das Gewiſſen iſt unbeſtechbar, und ſo erhaben, daß man ihm auch nichts einſt anzubieten wagt. Verſchließ dich, wie du willſt, das Gewiſſen begleitet dich. Es ſchlaͤft und ſchlummert nicht, es geht nicht uͤber Feld, und was das aͤrgſte iſt — es hat ein goͤttliches Gedaͤchtnis. Das Gewiſſen iſt Gottes

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/212>, abgerufen am 22.11.2024.