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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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ist das beste Stück Zeug, wovon der Aller-
höchste sich ein Kleid machen laßen kann.
Diogenes sah einen Knaben mit der Hand
Waßer schöpfen, und warf den Rest seines
Mobiliarvermögens, seiner fahrenden Haab
und Güther, seine Wasserschaale, dahin.
Wer die Knie auf einander legt, kann ohne
Tisch schreiben. Der Christ glaubt an Chri-
stum. Wir an Gott, der da ist, und der da
war, und der da seyn wird, in Zeit und in
Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo-
für mein Fleisch und Blut, das ich von mei-
nem Vater seligen und meiner Mutter seliger
geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn
ich nur rechtschafnes Wollen habe, das Voll-
bringen, steht es wohl in meinen Kräften?
Meine Seele kommt mit einer Bittschrift ein,
der Körper, der sich nun einmal, weil er in
die Höhe geschoßen und grosmächtig ist, auf
den Thron geschwungen, schlägt das Gesuch
ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von
Herzensgrund eingerichtet, und weder am
Formale, noch am Materiale, was versehen,
der Herr König Leib aber, demunerachtet den
Kopf schüttelt, was kann das arme Seelchen
dafür, was kann es wider Tyranney? Wenn
ich wie ein Engel von der Toleranz spräche,

und

iſt das beſte Stuͤck Zeug, wovon der Aller-
hoͤchſte ſich ein Kleid machen laßen kann.
Diogenes ſah einen Knaben mit der Hand
Waßer ſchoͤpfen, und warf den Reſt ſeines
Mobiliarvermoͤgens, ſeiner fahrenden Haab
und Guͤther, ſeine Waſſerſchaale, dahin.
Wer die Knie auf einander legt, kann ohne
Tiſch ſchreiben. Der Chriſt glaubt an Chri-
ſtum. Wir an Gott, der da iſt, und der da
war, und der da ſeyn wird, in Zeit und in
Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo-
fuͤr mein Fleiſch und Blut, das ich von mei-
nem Vater ſeligen und meiner Mutter ſeliger
geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn
ich nur rechtſchafnes Wollen habe, das Voll-
bringen, ſteht es wohl in meinen Kraͤften?
Meine Seele kommt mit einer Bittſchrift ein,
der Koͤrper, der ſich nun einmal, weil er in
die Hoͤhe geſchoßen und grosmaͤchtig iſt, auf
den Thron geſchwungen, ſchlaͤgt das Geſuch
ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von
Herzensgrund eingerichtet, und weder am
Formale, noch am Materiale, was verſehen,
der Herr Koͤnig Leib aber, demunerachtet den
Kopf ſchuͤttelt, was kann das arme Seelchen
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ich wie ein Engel von der Toleranz ſpraͤche,

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[172/0178] iſt das beſte Stuͤck Zeug, wovon der Aller- hoͤchſte ſich ein Kleid machen laßen kann. Diogenes ſah einen Knaben mit der Hand Waßer ſchoͤpfen, und warf den Reſt ſeines Mobiliarvermoͤgens, ſeiner fahrenden Haab und Guͤther, ſeine Waſſerſchaale, dahin. Wer die Knie auf einander legt, kann ohne Tiſch ſchreiben. Der Chriſt glaubt an Chri- ſtum. Wir an Gott, der da iſt, und der da war, und der da ſeyn wird, in Zeit und in Ewigkeit. Sollte Gott nicht verzeihen, wo- fuͤr mein Fleiſch und Blut, das ich von mei- nem Vater ſeligen und meiner Mutter ſeliger geerbt habe, allein kann, und nicht ich? Wenn ich nur rechtſchafnes Wollen habe, das Voll- bringen, ſteht es wohl in meinen Kraͤften? Meine Seele kommt mit einer Bittſchrift ein, der Koͤrper, der ſich nun einmal, weil er in die Hoͤhe geſchoßen und grosmaͤchtig iſt, auf den Thron geſchwungen, ſchlaͤgt das Geſuch ab. Wenn ich das Suplicat nur recht von Herzensgrund eingerichtet, und weder am Formale, noch am Materiale, was verſehen, der Herr Koͤnig Leib aber, demunerachtet den Kopf ſchuͤttelt, was kann das arme Seelchen dafuͤr, was kann es wider Tyranney? Wenn ich wie ein Engel von der Toleranz ſpraͤche, und

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/178>, abgerufen am 23.11.2024.