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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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gerechneten Lebens, angesehen. Mensch,
weißt du, ob du diese nacht schlafen? ob du
je schlafen? ob du Lust zum Essen haben,
fröhlich und guter Dinge seyn, Söhne oder
Töchter zeugen wirst? daß du aber sterben
wirst, daß dein Leben ein Ziel hat, und du
davon must, weißt du gewis, oder kannst es
so wissen, als daß zweymahl zwey vier ist.
Aber selbst der Schnee auf dem Haupt erin-
nert den Greiß nicht an den Winter seines
Lebens. Es ist Hagel und Schlossen denkt
er, so was fällt auch mitten im Sommer.
Der Himmel laße nur das Getreyde ohne
Schaden! Die Menschen denken vielleicht
darum nicht an den Tod, weil er das einzige
Gewiße ist, und weil er sich von selbst ver-
steht, das andere alles aber mit auf ihrer
Sorgfalt beruhet. Nicht also Freund! Ein
hitziges Fieber, ein plötzlicher Tod, kann
zwar deine Vorbereitung stören, dein mit
Fleiß besätes Feld in Unordnung bringen; al-
lein auch beym Miswachs bleibt dir Grund
und Boden. Du kannst heute sterben, also
lern' es heute. Ein Seefahrer, der dem
Weltmeer entgieng, findet seinen Tod im Brun-
nen, aus dem er sich einen Labetrunk schöpfen
will. Den Riesen Goliath schleudert der Hir-

tenknabe

gerechneten Lebens, angeſehen. Menſch,
weißt du, ob du dieſe nacht ſchlafen? ob du
je ſchlafen? ob du Luſt zum Eſſen haben,
froͤhlich und guter Dinge ſeyn, Soͤhne oder
Toͤchter zeugen wirſt? daß du aber ſterben
wirſt, daß dein Leben ein Ziel hat, und du
davon muſt, weißt du gewis, oder kannſt es
ſo wiſſen, als daß zweymahl zwey vier iſt.
Aber ſelbſt der Schnee auf dem Haupt erin-
nert den Greiß nicht an den Winter ſeines
Lebens. Es iſt Hagel und Schloſſen denkt
er, ſo was faͤllt auch mitten im Sommer.
Der Himmel laße nur das Getreyde ohne
Schaden! Die Menſchen denken vielleicht
darum nicht an den Tod, weil er das einzige
Gewiße iſt, und weil er ſich von ſelbſt ver-
ſteht, das andere alles aber mit auf ihrer
Sorgfalt beruhet. Nicht alſo Freund! Ein
hitziges Fieber, ein ploͤtzlicher Tod, kann
zwar deine Vorbereitung ſtoͤren, dein mit
Fleiß beſaͤtes Feld in Unordnung bringen; al-
lein auch beym Miswachs bleibt dir Grund
und Boden. Du kannſt heute ſterben, alſo
lern’ es heute. Ein Seefahrer, der dem
Weltmeer entgieng, findet ſeinen Tod im Brun-
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will. Den Rieſen Goliath ſchleudert der Hir-

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[168/0174] gerechneten Lebens, angeſehen. Menſch, weißt du, ob du dieſe nacht ſchlafen? ob du je ſchlafen? ob du Luſt zum Eſſen haben, froͤhlich und guter Dinge ſeyn, Soͤhne oder Toͤchter zeugen wirſt? daß du aber ſterben wirſt, daß dein Leben ein Ziel hat, und du davon muſt, weißt du gewis, oder kannſt es ſo wiſſen, als daß zweymahl zwey vier iſt. Aber ſelbſt der Schnee auf dem Haupt erin- nert den Greiß nicht an den Winter ſeines Lebens. Es iſt Hagel und Schloſſen denkt er, ſo was faͤllt auch mitten im Sommer. Der Himmel laße nur das Getreyde ohne Schaden! Die Menſchen denken vielleicht darum nicht an den Tod, weil er das einzige Gewiße iſt, und weil er ſich von ſelbſt ver- ſteht, das andere alles aber mit auf ihrer Sorgfalt beruhet. Nicht alſo Freund! Ein hitziges Fieber, ein ploͤtzlicher Tod, kann zwar deine Vorbereitung ſtoͤren, dein mit Fleiß beſaͤtes Feld in Unordnung bringen; al- lein auch beym Miswachs bleibt dir Grund und Boden. Du kannſt heute ſterben, alſo lern’ es heute. Ein Seefahrer, der dem Weltmeer entgieng, findet ſeinen Tod im Brun- nen, aus dem er ſich einen Labetrunk ſchoͤpfen will. Den Rieſen Goliath ſchleudert der Hir- tenknabe

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/174>, abgerufen am 23.11.2024.