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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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Laßen Sie den Diagoras, sagte der Graf, er
hat mehr seines Gleichen. Ein großes Glück
ist eine Posaune der Ewigkeit, und sollte jeden
Menschen aufmerksam machen. Wenn man
schnell dick und fett wird, ist dies eben kein
Beweis der Gesundheit. Hat man Schmerz,
Kummer und Gram, und der Körper ist nur
aus gesunden Schrot und Korn, Freunde!
das sind Leute, die ihr Leben bis auf den Gi-
pfel treiben, das sind Leute aus dem vierten
Gebot! Ein lachend Sterbender fühlt Noth
über Noth. Er macht nur zum schlechten
Spiel ein gut Gesicht, und gelt! das ist
schwer Ding! Stirbt er schnell, und lacht er
überlaut, ists ärger, als der Schrey dieses
Mannes hier! Wer so lachen gehört hätte,
würde nie mehr lachen. Stirbt man lang-
sam und lächelt; kann ein so freundlich Aus-
sehender auch ein leichtes Ende haben; denn
er ist schon lang zuvor gestorben, eh' er dies
Ueberwinder-Lächeln aufschlug. -- Ich halt'
es, beschloß der Graf indessen mit Ernst, im
Sterben mit einer gewissen Fassung, und die
kennt weder Lachen noch Weinen. Eine ge-
wisse Grazie liegt zwar in jedem ernsten Ge-
sicht, und ein gewisses Seelenlächeln, wenn
Ernst edler, unangenommener, nachdrückli-

cher
G

Laßen Sie den Diagoras, ſagte der Graf, er
hat mehr ſeines Gleichen. Ein großes Gluͤck
iſt eine Poſaune der Ewigkeit, und ſollte jeden
Menſchen aufmerkſam machen. Wenn man
ſchnell dick und fett wird, iſt dies eben kein
Beweis der Geſundheit. Hat man Schmerz,
Kummer und Gram, und der Koͤrper iſt nur
aus geſunden Schrot und Korn, Freunde!
das ſind Leute, die ihr Leben bis auf den Gi-
pfel treiben, das ſind Leute aus dem vierten
Gebot! Ein lachend Sterbender fuͤhlt Noth
uͤber Noth. Er macht nur zum ſchlechten
Spiel ein gut Geſicht, und gelt! das iſt
ſchwer Ding! Stirbt er ſchnell, und lacht er
uͤberlaut, iſts aͤrger, als der Schrey dieſes
Mannes hier! Wer ſo lachen gehoͤrt haͤtte,
wuͤrde nie mehr lachen. Stirbt man lang-
ſam und laͤchelt; kann ein ſo freundlich Aus-
ſehender auch ein leichtes Ende haben; denn
er iſt ſchon lang zuvor geſtorben, eh’ er dies
Ueberwinder-Laͤcheln aufſchlug. — Ich halt’
es, beſchloß der Graf indeſſen mit Ernſt, im
Sterben mit einer gewiſſen Faſſung, und die
kennt weder Lachen noch Weinen. Eine ge-
wiſſe Grazie liegt zwar in jedem ernſten Ge-
ſicht, und ein gewiſſes Seelenlaͤcheln, wenn
Ernſt edler, unangenommener, nachdruͤckli-

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[97/0103] Laßen Sie den Diagoras, ſagte der Graf, er hat mehr ſeines Gleichen. Ein großes Gluͤck iſt eine Poſaune der Ewigkeit, und ſollte jeden Menſchen aufmerkſam machen. Wenn man ſchnell dick und fett wird, iſt dies eben kein Beweis der Geſundheit. Hat man Schmerz, Kummer und Gram, und der Koͤrper iſt nur aus geſunden Schrot und Korn, Freunde! das ſind Leute, die ihr Leben bis auf den Gi- pfel treiben, das ſind Leute aus dem vierten Gebot! Ein lachend Sterbender fuͤhlt Noth uͤber Noth. Er macht nur zum ſchlechten Spiel ein gut Geſicht, und gelt! das iſt ſchwer Ding! Stirbt er ſchnell, und lacht er uͤberlaut, iſts aͤrger, als der Schrey dieſes Mannes hier! Wer ſo lachen gehoͤrt haͤtte, wuͤrde nie mehr lachen. Stirbt man lang- ſam und laͤchelt; kann ein ſo freundlich Aus- ſehender auch ein leichtes Ende haben; denn er iſt ſchon lang zuvor geſtorben, eh’ er dies Ueberwinder-Laͤcheln aufſchlug. — Ich halt’ es, beſchloß der Graf indeſſen mit Ernſt, im Sterben mit einer gewiſſen Faſſung, und die kennt weder Lachen noch Weinen. Eine ge- wiſſe Grazie liegt zwar in jedem ernſten Ge- ſicht, und ein gewiſſes Seelenlaͤcheln, wenn Ernſt edler, unangenommener, nachdruͤckli- cher G

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/103>, abgerufen am 27.11.2024.