daß er die meisten Dinge aus einem oft un- beträchtlichen Gesichtspunkt nimmt, und eben dadurch beym rechten Ende faßt; --
daß er einen königlichen, einen Revisions- blick, der immer mit einem gewissen Glück verknüpft ist, besitzet; -- (Sein Blick trift immer, ohne daß er zielt)
daß, und noch viele daß, gehen vor sich. --
Beym letzten daß erzählte der Herr v. G. eine Geschichte, die sich noch vor der Schei- dung vom Tisch und Bette, und also vor zehn Jahren, zugetragen hätte.
Ein Barbier schnitt mit mörderischer Hand dem -- den Hals ab, nachdem er ihn zuvörderst ganz sauber und köstlich von der Bürde seines Barts befreyet, und leicht ums Kinn gemacht hatte. Wär ich Inquirent, (hätte mein Vater nicht blos gesagt, sondern behauptet,) würde eine meiner Hauptfragen, sowohl im Generalverhör, als bey den Spe- cialartikeln, seyn:
Warum der Barbier den Ermordeten zu- vor sauber und köstlich von der Bürde seines Barts befreyet, und leicht ums Kinn gemacht, eh' er? --
(Der Bösewicht! setzte Herr v. G., ohne das Comma abzuwarten und meinen Vater
aus-
daß er die meiſten Dinge aus einem oft un- betraͤchtlichen Geſichtspunkt nimmt, und eben dadurch beym rechten Ende faßt; —
daß er einen koͤniglichen, einen Reviſions- blick, der immer mit einem gewiſſen Gluͤck verknuͤpft iſt, beſitzet; — (Sein Blick trift immer, ohne daß er zielt)
daß, und noch viele daß, gehen vor ſich. —
Beym letzten daß erzaͤhlte der Herr v. G. eine Geſchichte, die ſich noch vor der Schei- dung vom Tiſch und Bette, und alſo vor zehn Jahren, zugetragen haͤtte.
Ein Barbier ſchnitt mit moͤrderiſcher Hand dem — den Hals ab, nachdem er ihn zuvoͤrderſt ganz ſauber und koͤſtlich von der Buͤrde ſeines Barts befreyet, und leicht ums Kinn gemacht hatte. Waͤr ich Inquirent, (haͤtte mein Vater nicht blos geſagt, ſondern behauptet,) wuͤrde eine meiner Hauptfragen, ſowohl im Generalverhoͤr, als bey den Spe- cialartikeln, ſeyn:
Warum der Barbier den Ermordeten zu- vor ſauber und koͤſtlich von der Buͤrde ſeines Barts befreyet, und leicht ums Kinn gemacht, eh’ er? —
(Der Boͤſewicht! ſetzte Herr v. G., ohne das Comma abzuwarten und meinen Vater
aus-
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daß er die meiſten Dinge aus einem oft un-
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eben dadurch beym rechten Ende faßt; —
daß er einen koͤniglichen, einen Reviſions-
blick, der immer mit einem gewiſſen Gluͤck
verknuͤpft iſt, beſitzet; — (Sein Blick
trift immer, ohne daß er zielt)
daß, und noch viele daß, gehen vor ſich. —
Beym letzten daß erzaͤhlte der Herr v. G.
eine Geſchichte, die ſich noch vor der Schei-
dung vom Tiſch und Bette, und alſo vor zehn
Jahren, zugetragen haͤtte.
Ein Barbier ſchnitt mit moͤrderiſcher
Hand dem — den Hals ab, nachdem er ihn
zuvoͤrderſt ganz ſauber und koͤſtlich von der
Buͤrde ſeines Barts befreyet, und leicht ums
Kinn gemacht hatte. Waͤr ich Inquirent,
(haͤtte mein Vater nicht blos geſagt, ſondern
behauptet,) wuͤrde eine meiner Hauptfragen,
ſowohl im Generalverhoͤr, als bey den Spe-
cialartikeln, ſeyn:
Warum der Barbier den Ermordeten zu-
vor ſauber und koͤſtlich von der Buͤrde
ſeines Barts befreyet, und leicht ums
Kinn gemacht, eh’ er? —
(Der Boͤſewicht! ſetzte Herr v. G., ohne
das Comma abzuwarten und meinen Vater
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/80>, abgerufen am 23.11.2024.
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