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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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dern frißt -- und geschieht das nicht? Ha-
ben nicht die Menschen mehr, als Wolfshun-
ger? Ist es mit ihnen nicht oft in dem
Zwölften? Ist nicht oft leiblicher Bruder
des leiblichen Bruders Teufel, welcher die
Seelen verschlingt, als schlürft' er weiche
Eyer, oder Austern?

Herr v. G. kam aufs Freßen zurück,
und doch, sagt er, (alles wie zu sich selbst)

Die größte Liebe auszudrücken, sagt
man: ich möchte dich vor Liebe auffressen.
Niemand hat mehr Blasphemien gesagt, als
ein Quäker. Er, und ein Gottesleug-
ner, sind näher verwandt, als man glau-
ben solte.

Ich habe nicht nöthig zu bemerken, daß
Herr v. G. dieses lange vor sich so aussprach,
daß, wenn ers auch nicht so oft treulich und
sonder Gefehrde angeführt, jeder doch theils
aus seinem Ton, theils aus seinem Kopf-
schütteln, gesehen haben würde: es sey nicht
sein, sondern meines Vaters.

Dies! dies! dies! Herr v. G. sagte drey-
mal dies, wie meine Mutter dreymal das
Wir im Glauben sang, dies ist mir et-
was am Pastor, das ich noch bey keinem

Men-

dern frißt — und geſchieht das nicht? Ha-
ben nicht die Menſchen mehr, als Wolfshun-
ger? Iſt es mit ihnen nicht oft in dem
Zwoͤlften? Iſt nicht oft leiblicher Bruder
des leiblichen Bruders Teufel, welcher die
Seelen verſchlingt, als ſchluͤrft’ er weiche
Eyer, oder Auſtern?

Herr v. G. kam aufs Freßen zuruͤck,
und doch, ſagt er, (alles wie zu ſich ſelbſt)

Die groͤßte Liebe auszudruͤcken, ſagt
man: ich moͤchte dich vor Liebe auffreſſen.
Niemand hat mehr Blasphemien geſagt, als
ein Quaͤker. Er, und ein Gottesleug-
ner, ſind naͤher verwandt, als man glau-
ben ſolte.

Ich habe nicht noͤthig zu bemerken, daß
Herr v. G. dieſes lange vor ſich ſo ausſprach,
daß, wenn ers auch nicht ſo oft treulich und
ſonder Gefehrde angefuͤhrt, jeder doch theils
aus ſeinem Ton, theils aus ſeinem Kopf-
ſchuͤtteln, geſehen haben wuͤrde: es ſey nicht
ſein, ſondern meines Vaters.

Dies! dies! dies! Herr v. G. ſagte drey-
mal dies, wie meine Mutter dreymal das
Wir im Glauben ſang, dies iſt mir et-
was am Paſtor, das ich noch bey keinem

Men-
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[72/0078] dern frißt — und geſchieht das nicht? Ha- ben nicht die Menſchen mehr, als Wolfshun- ger? Iſt es mit ihnen nicht oft in dem Zwoͤlften? Iſt nicht oft leiblicher Bruder des leiblichen Bruders Teufel, welcher die Seelen verſchlingt, als ſchluͤrft’ er weiche Eyer, oder Auſtern? Herr v. G. kam aufs Freßen zuruͤck, und doch, ſagt er, (alles wie zu ſich ſelbſt) Die groͤßte Liebe auszudruͤcken, ſagt man: ich moͤchte dich vor Liebe auffreſſen. Niemand hat mehr Blasphemien geſagt, als ein Quaͤker. Er, und ein Gottesleug- ner, ſind naͤher verwandt, als man glau- ben ſolte. Ich habe nicht noͤthig zu bemerken, daß Herr v. G. dieſes lange vor ſich ſo ausſprach, daß, wenn ers auch nicht ſo oft treulich und ſonder Gefehrde angefuͤhrt, jeder doch theils aus ſeinem Ton, theils aus ſeinem Kopf- ſchuͤtteln, geſehen haben wuͤrde: es ſey nicht ſein, ſondern meines Vaters. Dies! dies! dies! Herr v. G. ſagte drey- mal dies, wie meine Mutter dreymal das Wir im Glauben ſang, dies iſt mir et- was am Paſtor, das ich noch bey keinem Men-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/78>, abgerufen am 28.04.2024.