Fritzchen, mein Bruder, starb! o wenn! er noch lebte! o wenn! o wenn! wenn! Welch Lieschen hat nicht ein Fritzchen nö- thig, ein Bruder Fritzchen. Für ein anderes Fritzchen dank ich. Seliges Fritzchen! War- um nahmst du mich nicht mit? Warum die Nachtigal? Warum? -- Das Vögelchen ver- schied in Fritzens Hand. Sie hatten sich sehr lieb -- das Vögelchen und Fritzchen. Ich sah sie beye sterben. Der Vogel laurte recht auf Fritzens Seelchen, um sich ihm an- zudrängen, wie das Vögelchen sich hier an ihn anschloß. Sie ließen nicht von einander. Fritz sieht mich an. Was siehst du, Fritz- chen? Was -- ich weinte -- solt ich nicht? "Still, Lieschen" ich hör es ihn noch sa- gen "still Lieschen, bleib bei Vater und "Mutterchen, ich finde dort auch ein Lies- "chen, unser Schwesterchen, dort, wo "der liebe Gott seinen Himmel hat, der "besser als seine Erd' ist, auch wenn Fel- "der und Wiesen voll sind. Hilf ihn bit- "ten sehr bitten, den lieben Gott, daß er "mich in den Himmel nimmt, und auch "mein Vögelchen herein läßt -- uns beyd' "für einen. Du bist ein gutes Mädchen,
"der
Fritzchen, mein Bruder, ſtarb! o wenn! er noch lebte! o wenn! o wenn! wenn! Welch Lieschen hat nicht ein Fritzchen noͤ- thig, ein Bruder Fritzchen. Fuͤr ein anderes Fritzchen dank ich. Seliges Fritzchen! War- um nahmſt du mich nicht mit? Warum die Nachtigal? Warum? — Das Voͤgelchen ver- ſchied in Fritzens Hand. Sie hatten ſich ſehr lieb — das Voͤgelchen und Fritzchen. Ich ſah ſie beye ſterben. Der Vogel laurte recht auf Fritzens Seelchen, um ſich ihm an- zudraͤngen, wie das Voͤgelchen ſich hier an ihn anſchloß. Sie ließen nicht von einander. Fritz ſieht mich an. Was ſiehſt du, Fritz- chen? Was — ich weinte — ſolt ich nicht? „Still, Lieschen„ ich hoͤr es ihn noch ſa- gen „ſtill Lieschen, bleib bei Vater und „Mutterchen, ich finde dort auch ein Lies- „chen, unſer Schweſterchen, dort, wo „der liebe Gott ſeinen Himmel hat, der „beſſer als ſeine Erd’ iſt, auch wenn Fel- „der und Wieſen voll ſind. Hilf ihn bit- „ten ſehr bitten, den lieben Gott, daß er „mich in den Himmel nimmt, und auch „mein Voͤgelchen herein laͤßt — uns beyd’ „fuͤr einen. Du biſt ein gutes Maͤdchen,
„der
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Fritzchen dank ich. Seliges Fritzchen! War-
um nahmſt du mich nicht mit? Warum die
Nachtigal? Warum? — Das Voͤgelchen ver-
ſchied in Fritzens Hand. Sie hatten ſich
ſehr lieb — das Voͤgelchen und Fritzchen.
Ich ſah ſie beye ſterben. Der Vogel laurte
recht auf Fritzens Seelchen, um ſich ihm an-
zudraͤngen, wie das Voͤgelchen ſich hier an
ihn anſchloß. Sie ließen nicht von einander.
Fritz ſieht mich an. Was ſiehſt du, Fritz-
chen? Was — ich weinte — ſolt ich nicht?
„Still, Lieschen„ ich hoͤr es ihn noch ſa-
gen „ſtill Lieschen, bleib bei Vater und
„Mutterchen, ich finde dort auch ein Lies-
„chen, unſer Schweſterchen, dort, wo
„der liebe Gott ſeinen Himmel hat, der
„beſſer als ſeine Erd’ iſt, auch wenn Fel-
„der und Wieſen voll ſind. Hilf ihn bit-
„ten ſehr bitten, den lieben Gott, daß er
„mich in den Himmel nimmt, und auch
„mein Voͤgelchen herein laͤßt — uns beyd’
„fuͤr einen. Du biſt ein gutes Maͤdchen,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/583>, abgerufen am 22.11.2024.
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