und die Nachtigal lang aufsitze, (schon wolt' ich lucubrire schreiben) daß die See brause und sause, wie meine Mutter sich ausdrücken würde, und der Bach sparsam und wohl gar geizig wandle und handle: daß der Nord, so wie die helle Sonne, das Gesicht roth mach' als wär es feurig, und ein Abend- lüftchen sich blos mit den ungebundenen Haa- ren necke. -- -- Da verschlag' ich wieder in das Feld der Anmerkungen! Mit den lieben Anmerkungen! Macht sie nur, so viel ihr wolt, Schriftsteller! Auch selbst ihr vom gött- lichen Geschlecht, vom heiligen Volk, vom kö- niglichen Priesterthum, vom Volk des Ei- genthums; darum seyd ihr nicht geborgen. Der Kunstrichter findet doch seinen Zaun, von dem er brechen kann; das weiß ich aus sichrer Hand, und wenn es auch nur eine Anmerkung über eure Anmerkung wäre. --
Gern würde meine Wenigkeit Anmer- ker dieser Art beym Brodte lassen; allein Euch! die ihr nicht im Vorgemach bleibet, sondern weiter dringt, Euch, Pfeifer und Geiger! die ihr diese unschuldige Haut und Haargesängchen mit eurem Accompagne- ment haben, und groß- und kleinmeistern
wolt
und die Nachtigal lang aufſitze, (ſchon wolt’ ich lucubrire ſchreiben) daß die See brauſe und ſauſe, wie meine Mutter ſich ausdruͤcken wuͤrde, und der Bach ſparſam und wohl gar geizig wandle und handle: daß der Nord, ſo wie die helle Sonne, das Geſicht roth mach’ als waͤr es feurig, und ein Abend- luͤftchen ſich blos mit den ungebundenen Haa- ren necke. — — Da verſchlag’ ich wieder in das Feld der Anmerkungen! Mit den lieben Anmerkungen! Macht ſie nur, ſo viel ihr wolt, Schriftſteller! Auch ſelbſt ihr vom goͤtt- lichen Geſchlecht, vom heiligen Volk, vom koͤ- niglichen Prieſterthum, vom Volk des Ei- genthums; darum ſeyd ihr nicht geborgen. Der Kunſtrichter findet doch ſeinen Zaun, von dem er brechen kann; das weiß ich aus ſichrer Hand, und wenn es auch nur eine Anmerkung uͤber eure Anmerkung waͤre. —
Gern wuͤrde meine Wenigkeit Anmer- ker dieſer Art beym Brodte laſſen; allein Euch! die ihr nicht im Vorgemach bleibet, ſondern weiter dringt, Euch, Pfeifer und Geiger! die ihr dieſe unſchuldige Haut und Haargeſaͤngchen mit eurem Accompagne- ment haben, und groß- und kleinmeiſtern
wolt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0566"n="554"/>
und die Nachtigal lang aufſitze, (ſchon<lb/>
wolt’ ich lucubrire ſchreiben) daß die See<lb/><hirendition="#fr">brauſe</hi> und <hirendition="#fr">ſauſe</hi>, wie meine <hirendition="#fr">Mutter ſich</hi><lb/>
ausdruͤcken wuͤrde, und der Bach ſparſam<lb/>
und wohl gar geizig <hirendition="#fr">wandle</hi> und <hirendition="#fr">handle</hi>: daß<lb/>
der Nord, ſo wie die helle Sonne, das Geſicht<lb/>
roth mach’ als waͤr es feurig, und ein Abend-<lb/>
luͤftchen ſich blos mit den ungebundenen Haa-<lb/>
ren necke. —— Da verſchlag’ ich wieder in<lb/>
das Feld der <hirendition="#fr">Anmerkungen</hi>! Mit den lieben<lb/><hirendition="#fr">Anmerkungen</hi>! Macht ſie nur, ſo viel ihr<lb/>
wolt, <hirendition="#fr">Schriftſteller</hi>! Auch ſelbſt <hirendition="#fr">ihr</hi> vom goͤtt-<lb/>
lichen Geſchlecht, vom heiligen Volk, vom koͤ-<lb/>
niglichen Prieſterthum, vom Volk des Ei-<lb/>
genthums; darum ſeyd ihr nicht geborgen.<lb/>
Der Kunſtrichter findet doch ſeinen Zaun, von<lb/>
dem er brechen kann; das weiß ich aus ſichrer<lb/>
Hand, und wenn es auch nur eine Anmerkung<lb/>
uͤber eure Anmerkung waͤre. —</p><lb/><p>Gern wuͤrde meine Wenigkeit <hirendition="#fr">Anmer-<lb/>
ker</hi> dieſer Art beym Brodte laſſen; allein<lb/><hirendition="#fr">Euch</hi>! die ihr nicht im Vorgemach bleibet,<lb/>ſondern weiter dringt, <hirendition="#fr">Euch, Pfeifer</hi> und<lb/><hirendition="#fr">Geiger</hi>! die ihr dieſe unſchuldige <hirendition="#fr">Haut</hi> und<lb/><hirendition="#fr">Haargeſaͤngchen</hi> mit eurem Accompagne-<lb/>
ment haben, und <hirendition="#fr">groß-</hi> und <hirendition="#fr">kleinmeiſtern</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">wolt</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[554/0566]
und die Nachtigal lang aufſitze, (ſchon
wolt’ ich lucubrire ſchreiben) daß die See
brauſe und ſauſe, wie meine Mutter ſich
ausdruͤcken wuͤrde, und der Bach ſparſam
und wohl gar geizig wandle und handle: daß
der Nord, ſo wie die helle Sonne, das Geſicht
roth mach’ als waͤr es feurig, und ein Abend-
luͤftchen ſich blos mit den ungebundenen Haa-
ren necke. — — Da verſchlag’ ich wieder in
das Feld der Anmerkungen! Mit den lieben
Anmerkungen! Macht ſie nur, ſo viel ihr
wolt, Schriftſteller! Auch ſelbſt ihr vom goͤtt-
lichen Geſchlecht, vom heiligen Volk, vom koͤ-
niglichen Prieſterthum, vom Volk des Ei-
genthums; darum ſeyd ihr nicht geborgen.
Der Kunſtrichter findet doch ſeinen Zaun, von
dem er brechen kann; das weiß ich aus ſichrer
Hand, und wenn es auch nur eine Anmerkung
uͤber eure Anmerkung waͤre. —
Gern wuͤrde meine Wenigkeit Anmer-
ker dieſer Art beym Brodte laſſen; allein
Euch! die ihr nicht im Vorgemach bleibet,
ſondern weiter dringt, Euch, Pfeifer und
Geiger! die ihr dieſe unſchuldige Haut und
Haargeſaͤngchen mit eurem Accompagne-
ment haben, und groß- und kleinmeiſtern
wolt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/566>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.