Prediger. So erbitt ich mir die Erlaubniß zu antworten.
Deputatus. Schrecklich wenn ein Prediger selbst! --
Prediger. Unglückliche aufnimmt?
Deputatus. Und eben dadurch Unglückliche macht. Herr Prediger! -- Ich wünscht' ich wär zu diesem Auftrage nicht --
Prediger. Und dieser Auftrag?
Deputatus. Nicht mehr, und nicht weniger, als die Diebin, die Läuferin, ja ich kann Mörderin hinzusetzen, das kann ich, der sie in ihrem Hause Obdach gegeben, zur gefänglichen Haft zu bringen, damit sie an Stell' und Ort leide, was ihre Thaten werth sind.
Pred. Ach Gott, vor dir ist kein Lebendiger gerecht! Du weiß'st --
Deput. Er weiß! allein leider! auch Men- schen wissen --
Pred. Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib tödten, und die Seele nicht töd- ten mögen, spricht mein Herr und Meister, der mit Zöllnern und Sündern umgieng.
Deput. Aber es nicht selbst ward.
Pred. Das hof' ich auch nicht --
De-
Deputatus. An mich iſt zu fragen —
Prediger. So erbitt ich mir die Erlaubniß zu antworten.
Deputatus. Schrecklich wenn ein Prediger ſelbſt! —
Prediger. Ungluͤckliche aufnimmt?
Deputatus. Und eben dadurch Ungluͤckliche macht. Herr Prediger! — Ich wuͤnſcht’ ich waͤr zu dieſem Auftrage nicht —
Prediger. Und dieſer Auftrag?
Deputatus. Nicht mehr, und nicht weniger, als die Diebin, die Laͤuferin, ja ich kann Moͤrderin hinzuſetzen, das kann ich, der ſie in ihrem Hauſe Obdach gegeben, zur gefaͤnglichen Haft zu bringen, damit ſie an Stell’ und Ort leide, was ihre Thaten werth ſind.
Pred. Ach Gott, vor dir iſt kein Lebendiger gerecht! Du weiß’ſt —
Deput. Er weiß! allein leider! auch Men- ſchen wiſſen —
Pred. Fuͤrchtet euch nicht vor denen, die den Leib toͤdten, und die Seele nicht toͤd- ten moͤgen, ſpricht mein Herr und Meiſter, der mit Zoͤllnern und Suͤndern umgieng.
Deput. Aber es nicht ſelbſt ward.
Pred. Das hof’ ich auch nicht —
De-
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Deputatus. An mich iſt zu fragen —
Prediger. So erbitt ich mir die Erlaubniß zu
antworten.
Deputatus. Schrecklich wenn ein Prediger
ſelbſt! —
Prediger. Ungluͤckliche aufnimmt?
Deputatus. Und eben dadurch Ungluͤckliche
macht. Herr Prediger! — Ich wuͤnſcht’
ich waͤr zu dieſem Auftrage nicht —
Prediger. Und dieſer Auftrag?
Deputatus. Nicht mehr, und nicht weniger,
als die Diebin, die Laͤuferin, ja ich kann
Moͤrderin hinzuſetzen, das kann ich, der
ſie in ihrem Hauſe Obdach gegeben, zur
gefaͤnglichen Haft zu bringen, damit ſie
an Stell’ und Ort leide, was ihre Thaten
werth ſind.
Pred. Ach Gott, vor dir iſt kein Lebendiger
gerecht! Du weiß’ſt —
Deput. Er weiß! allein leider! auch Men-
ſchen wiſſen —
Pred. Fuͤrchtet euch nicht vor denen, die
den Leib toͤdten, und die Seele nicht toͤd-
ten moͤgen, ſpricht mein Herr und Meiſter,
der mit Zoͤllnern und Suͤndern umgieng.
Deput. Aber es nicht ſelbſt ward.
Pred. Das hof’ ich auch nicht —
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/500>, abgerufen am 22.11.2024.
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