und Zeter rief, Zeter! Rettet -- und Hülfe! Hülfe! Der Wachmeister, dessen Stimm' ins Hauß einschlug, hatte sie völlig erschüttert. -- Ihre Nerven waren fein, das Geweb' einer Spinne, würd' ich sagen, wenn Spin- nen gut wären. Kein Wunder! daß sie aller Fassung und Besinnung entwich! -- Erbar- mung! Erbarmung! -- Weh! weh! kriesch sie und flog wie Espenlaub! Jedes Glied war in Bewegung. -- Sie hauen die Lin- den, schrie sie! die lezten --! meine Rinder geraubt --! meine Tochter! bete doch, bete doch, Gretchen, ha! wie er sie entführt, der Bösewicht! Mein Mann in Retten und Banden! -- was hat er gethan? Die arme Tochter, wenn sie nur gewust hätte, wornach sie greifen wolte, wäre sie glücklich gewesen. Es lag ihr hart an, ob sie Mutter oder Minen trösten, stärken, und in die Arme schlüßen solte. -- Catharine, wenn sie zu ihrem Beicht- vater gegangen wäre würd' all diesem Jam- mer vorgebeugt haben! Allein jetzt alles, alles, aus! Der gute Prediger war der lezte, der dies Erdbeben merkte, und da sah er auch schon den Schlund weit! weit! offen! Herr! hilf! schrie er, es lag zu viel auf ihn, wir verderben! Er wolte sich dagegen bäumen;
allein
und Zeter rief, Zeter! Rettet — und Huͤlfe! Huͤlfe! Der Wachmeiſter, deſſen Stimm’ ins Hauß einſchlug, hatte ſie voͤllig erſchuͤttert. — Ihre Nerven waren fein, das Geweb’ einer Spinne, wuͤrd’ ich ſagen, wenn Spin- nen gut waͤren. Kein Wunder! daß ſie aller Faſſung und Beſinnung entwich! — Erbar- mung! Erbarmung! — Weh! weh! krieſch ſie und flog wie Espenlaub! Jedes Glied war in Bewegung. — Sie hauen die Lin- den, ſchrie ſie! die lezten —! meine Rinder geraubt —! meine Tochter! bete doch, bete doch, Gretchen, ha! wie er ſie entfuͤhrt, der Boͤſewicht! Mein Mann in Retten und Banden! — was hat er gethan? Die arme Tochter, wenn ſie nur gewuſt haͤtte, wornach ſie greifen wolte, waͤre ſie gluͤcklich geweſen. Es lag ihr hart an, ob ſie Mutter oder Minen troͤſten, ſtaͤrken, und in die Arme ſchluͤßen ſolte. — Catharine, wenn ſie zu ihrem Beicht- vater gegangen waͤre wuͤrd’ all dieſem Jam- mer vorgebeugt haben! Allein jetzt alles, alles, aus! Der gute Prediger war der lezte, der dies Erdbeben merkte, und da ſah er auch ſchon den Schlund weit! weit! offen! Herr! hilf! ſchrie er, es lag zu viel auf ihn, wir verderben! Er wolte ſich dagegen baͤumen;
allein
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und Zeter rief, Zeter! Rettet — und Huͤlfe!
Huͤlfe! Der Wachmeiſter, deſſen Stimm’ ins
Hauß einſchlug, hatte ſie voͤllig erſchuͤttert.
— Ihre Nerven waren fein, das Geweb’
einer Spinne, wuͤrd’ ich ſagen, wenn Spin-
nen gut waͤren. Kein Wunder! daß ſie aller
Faſſung und Beſinnung entwich! — Erbar-
mung! Erbarmung! — Weh! weh! krieſch
ſie und flog wie Espenlaub! Jedes Glied
war in Bewegung. — Sie hauen die Lin-
den, ſchrie ſie! die lezten —! meine Rinder
geraubt —! meine Tochter! bete doch, bete
doch, Gretchen, ha! wie er ſie entfuͤhrt, der
Boͤſewicht! Mein Mann in Retten und
Banden! — was hat er gethan? Die arme
Tochter, wenn ſie nur gewuſt haͤtte, wornach
ſie greifen wolte, waͤre ſie gluͤcklich geweſen. Es
lag ihr hart an, ob ſie Mutter oder Minen
troͤſten, ſtaͤrken, und in die Arme ſchluͤßen
ſolte. — Catharine, wenn ſie zu ihrem Beicht-
vater gegangen waͤre wuͤrd’ all dieſem Jam-
mer vorgebeugt haben! Allein jetzt alles, alles,
aus! Der gute Prediger war der lezte, der
dies Erdbeben merkte, und da ſah er auch
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hilf! ſchrie er, es lag zu viel auf ihn, wir
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/494>, abgerufen am 23.11.2024.
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