daß sie in L -- bei ihren Verwandten sich aufhielte. Herrmann, wie es sich von selbst versteht, hatte zu dieser Klarheit und Deut- lichkeit einen Familienbeytrag geliefert. Er stand als ein Gefängnißwärter, der eine Staatsverbrecherin entfliehen lassen: indessen begegnet' ihm Herr v. E., der zu seinen Absichten noch auf Herrmann mehr als einen Anschlag in petto hatte, leidlich -- das heißt, er schlug ihm nicht vorm Hals, er spie ihm nicht ins Gesicht, er hob seinen Fuß nicht auf wider ihn. --
Was ist zu thun? frug Herr v. E. das ganze Hauß, und niemand wußte, was zu thun wäre. Endlich fiel es ihm ein, ein Gutachten von ein Paar Rechtsgelehrten, die ihren Schnitt verstanden, vor Geld und gute Wort' einzuziehen. Diesen Zween ward noch einer zugeselt, um die Sache von allen Enden zu fassen. Herr v. E. dirigirte. Die preußische Staaten hat uns der Teufel zur Nachbarschaft zugemessen, sagte Herr v. E. Aus der Höll' ist keine Erlösung, setzt' einer von den Dreyen hinzu.
Das consilium juridicum eröfnete seine Seßion. Herrmann war Beysitzer. -- Die Sache mußt' in höchster Eil getrieben wer-
den.
daß ſie in L — bei ihren Verwandten ſich aufhielte. Herrmann, wie es ſich von ſelbſt verſteht, hatte zu dieſer Klarheit und Deut- lichkeit einen Familienbeytrag geliefert. Er ſtand als ein Gefaͤngnißwaͤrter, der eine Staatsverbrecherin entfliehen laſſen: indeſſen begegnet’ ihm Herr v. E., der zu ſeinen Abſichten noch auf Herrmann mehr als einen Anſchlag in petto hatte, leidlich — das heißt, er ſchlug ihm nicht vorm Hals, er ſpie ihm nicht ins Geſicht, er hob ſeinen Fuß nicht auf wider ihn. —
Was iſt zu thun? frug Herr v. E. das ganze Hauß, und niemand wußte, was zu thun waͤre. Endlich fiel es ihm ein, ein Gutachten von ein Paar Rechtsgelehrten, die ihren Schnitt verſtanden, vor Geld und gute Wort’ einzuziehen. Dieſen Zween ward noch einer zugeſelt, um die Sache von allen Enden zu faſſen. Herr v. E. dirigirte. Die preußiſche Staaten hat uns der Teufel zur Nachbarſchaft zugemeſſen, ſagte Herr v. E. Aus der Hoͤll’ iſt keine Erloͤſung, ſetzt’ einer von den Dreyen hinzu.
Das conſilium juridicum eroͤfnete ſeine Seßion. Herrmann war Beyſitzer. — Die Sache mußt’ in hoͤchſter Eil getrieben wer-
den.
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daß ſie in L — bei ihren Verwandten ſich
aufhielte. Herrmann, wie es ſich von ſelbſt
verſteht, hatte zu dieſer Klarheit und Deut-
lichkeit einen Familienbeytrag geliefert. Er
ſtand als ein Gefaͤngnißwaͤrter, der eine
Staatsverbrecherin entfliehen laſſen: indeſſen
begegnet’ ihm Herr v. E., der zu ſeinen
Abſichten noch auf Herrmann mehr als einen
Anſchlag in petto hatte, leidlich — das heißt,
er ſchlug ihm nicht vorm Hals, er ſpie ihm
nicht ins Geſicht, er hob ſeinen Fuß nicht
auf wider ihn. —
Was iſt zu thun? frug Herr v. E. das
ganze Hauß, und niemand wußte, was zu
thun waͤre. Endlich fiel es ihm ein, ein
Gutachten von ein Paar Rechtsgelehrten, die
ihren Schnitt verſtanden, vor Geld und gute
Wort’ einzuziehen. Dieſen Zween ward
noch einer zugeſelt, um die Sache von allen
Enden zu faſſen. Herr v. E. dirigirte. Die
preußiſche Staaten hat uns der Teufel zur
Nachbarſchaft zugemeſſen, ſagte Herr v. E.
Aus der Hoͤll’ iſt keine Erloͤſung, ſetzt’ einer
von den Dreyen hinzu.
Das conſilium juridicum eroͤfnete ſeine
Seßion. Herrmann war Beyſitzer. — Die
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/434>, abgerufen am 26.11.2024.
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