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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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hatte -- und, was man Minen an ihren
gebrochenen Augen ansehen konnte, war da.

Die Absolution des guten Predigers
machte Minen munter. Dies kann man
auch bey einer großen Krankheit seyn. Man
sahe, daß ihr Geist heiter war, und nicht
zu seyn aufhören würde, wenn gleich der
Körper dahin fiele. -- Er war so sehr dem
Körper überlegen, daß der Prediger mich
versicherte, dies wäre sein Beweiß von der
Unsterblichkeit. Oft, sagt' er, hab' ich dies
gefunden, und noch öfter hätt' ichs finden
können, wenn nicht die meisten Seelen im
Concurs stürben! und von so vielen Schuld-
nern überlaufen würden, die sie nicht befrie-
digt, so lange sie mit ihnen auf dem Wege
dieser Welt waren. --

Mine wollte die Communion, und zwar
in der Gemeine empfangen. -- Ich werde,
sagte sie, drinn schmecken und sehen, wie
freundlich der Herr ist, und wie wohl denen
auch dort seyn wird, die auf ihn trauen,
ich werd' einen Vorschmack drin von dem
himmlischen Manna finden. -- Der Predi-
ger setzte hiezu einen Tag an, und sie em-
pfieng die Communion mit zwölf Personen
in ihrem Zimmer. -- Diese Zahl kam ganz

von

hatte — und, was man Minen an ihren
gebrochenen Augen anſehen konnte, war da.

Die Abſolution des guten Predigers
machte Minen munter. Dies kann man
auch bey einer großen Krankheit ſeyn. Man
ſahe, daß ihr Geiſt heiter war, und nicht
zu ſeyn aufhoͤren wuͤrde, wenn gleich der
Koͤrper dahin fiele. — Er war ſo ſehr dem
Koͤrper uͤberlegen, daß der Prediger mich
verſicherte, dies waͤre ſein Beweiß von der
Unſterblichkeit. Oft, ſagt’ er, hab’ ich dies
gefunden, und noch oͤfter haͤtt’ ichs finden
koͤnnen, wenn nicht die meiſten Seelen im
Concurs ſtuͤrben! und von ſo vielen Schuld-
nern uͤberlaufen wuͤrden, die ſie nicht befrie-
digt, ſo lange ſie mit ihnen auf dem Wege
dieſer Welt waren. —

Mine wollte die Communion, und zwar
in der Gemeine empfangen. — Ich werde,
ſagte ſie, drinn ſchmecken und ſehen, wie
freundlich der Herr iſt, und wie wohl denen
auch dort ſeyn wird, die auf ihn trauen,
ich werd’ einen Vorſchmack drin von dem
himmliſchen Manna finden. — Der Predi-
ger ſetzte hiezu einen Tag an, und ſie em-
pfieng die Communion mit zwoͤlf Perſonen
in ihrem Zimmer. — Dieſe Zahl kam ganz

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[416/0426] hatte — und, was man Minen an ihren gebrochenen Augen anſehen konnte, war da. Die Abſolution des guten Predigers machte Minen munter. Dies kann man auch bey einer großen Krankheit ſeyn. Man ſahe, daß ihr Geiſt heiter war, und nicht zu ſeyn aufhoͤren wuͤrde, wenn gleich der Koͤrper dahin fiele. — Er war ſo ſehr dem Koͤrper uͤberlegen, daß der Prediger mich verſicherte, dies waͤre ſein Beweiß von der Unſterblichkeit. Oft, ſagt’ er, hab’ ich dies gefunden, und noch oͤfter haͤtt’ ichs finden koͤnnen, wenn nicht die meiſten Seelen im Concurs ſtuͤrben! und von ſo vielen Schuld- nern uͤberlaufen wuͤrden, die ſie nicht befrie- digt, ſo lange ſie mit ihnen auf dem Wege dieſer Welt waren. — Mine wollte die Communion, und zwar in der Gemeine empfangen. — Ich werde, ſagte ſie, drinn ſchmecken und ſehen, wie freundlich der Herr iſt, und wie wohl denen auch dort ſeyn wird, die auf ihn trauen, ich werd’ einen Vorſchmack drin von dem himmliſchen Manna finden. — Der Predi- ger ſetzte hiezu einen Tag an, und ſie em- pfieng die Communion mit zwoͤlf Perſonen in ihrem Zimmer. — Dieſe Zahl kam ganz von

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/426>, abgerufen am 22.11.2024.