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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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ist. Der liebe Gott weis freylich was gut
ist, Herr Candidat, erwiedert' ich, und will
gern so was im Himmel haben; indessen ist
es auch auf der Erde zur Art nöthig. Was
würde sonst am Ende aus uns werden?

Der alte Herr gefiel mir so sehr bey die-
ser Gelegenheit, daß ich ihn bey mir selbst we-
gen seiner heutigen Führung und wegen vie-
ler andern mir bewußten Umstände zu entschul-
digen anfieng. Würde nicht Minchens
Zeugnis selbst wider ihn das Wort genom-
men haben, ich hätt' ihn noch länger und
mehr entschuldiget, und vielleicht eben so
oft Vater genannt, als ich ihn jetzo Herr
Candidat zu seiner Seelenfreude nannte.

Es fiel mir zur rechten Zeit ein, daß
man mit dem Vaternamen sehr behutsam
seyn müsse, da das ganze Christenthum dar-
innen bestehet, daß Gott unser Vater ist.

Minchen (aus der Erzählung des alten
Herrn) nahm sich in ihrer Kindheit immer
der schwächlichsten Pflanzen an. Sie begeg-
nete ihnen, wie armen Leuten. Sie begoß
sie zuerst, und streichelte, liebkosete und trö-
stete sie. Wenn der Wind eins beschädigte,
zog sie ihm das gebrochene Bein in Ord-
nung, und heilte den Schaden. Gieng ihr

eins

iſt. Der liebe Gott weis freylich was gut
iſt, Herr Candidat, erwiedert’ ich, und will
gern ſo was im Himmel haben; indeſſen iſt
es auch auf der Erde zur Art noͤthig. Was
wuͤrde ſonſt am Ende aus uns werden?

Der alte Herr gefiel mir ſo ſehr bey die-
ſer Gelegenheit, daß ich ihn bey mir ſelbſt we-
gen ſeiner heutigen Fuͤhrung und wegen vie-
ler andern mir bewußten Umſtaͤnde zu entſchul-
digen anfieng. Wuͤrde nicht Minchens
Zeugnis ſelbſt wider ihn das Wort genom-
men haben, ich haͤtt’ ihn noch laͤnger und
mehr entſchuldiget, und vielleicht eben ſo
oft Vater genannt, als ich ihn jetzo Herr
Candidat zu ſeiner Seelenfreude nannte.

Es fiel mir zur rechten Zeit ein, daß
man mit dem Vaternamen ſehr behutſam
ſeyn muͤſſe, da das ganze Chriſtenthum dar-
innen beſtehet, daß Gott unſer Vater iſt.

Minchen (aus der Erzaͤhlung des alten
Herrn) nahm ſich in ihrer Kindheit immer
der ſchwaͤchlichſten Pflanzen an. Sie begeg-
nete ihnen, wie armen Leuten. Sie begoß
ſie zuerſt, und ſtreichelte, liebkoſete und troͤ-
ſtete ſie. Wenn der Wind eins beſchaͤdigte,
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[36/0042] iſt. Der liebe Gott weis freylich was gut iſt, Herr Candidat, erwiedert’ ich, und will gern ſo was im Himmel haben; indeſſen iſt es auch auf der Erde zur Art noͤthig. Was wuͤrde ſonſt am Ende aus uns werden? Der alte Herr gefiel mir ſo ſehr bey die- ſer Gelegenheit, daß ich ihn bey mir ſelbſt we- gen ſeiner heutigen Fuͤhrung und wegen vie- ler andern mir bewußten Umſtaͤnde zu entſchul- digen anfieng. Wuͤrde nicht Minchens Zeugnis ſelbſt wider ihn das Wort genom- men haben, ich haͤtt’ ihn noch laͤnger und mehr entſchuldiget, und vielleicht eben ſo oft Vater genannt, als ich ihn jetzo Herr Candidat zu ſeiner Seelenfreude nannte. Es fiel mir zur rechten Zeit ein, daß man mit dem Vaternamen ſehr behutſam ſeyn muͤſſe, da das ganze Chriſtenthum dar- innen beſtehet, daß Gott unſer Vater iſt. Minchen (aus der Erzaͤhlung des alten Herrn) nahm ſich in ihrer Kindheit immer der ſchwaͤchlichſten Pflanzen an. Sie begeg- nete ihnen, wie armen Leuten. Sie begoß ſie zuerſt, und ſtreichelte, liebkoſete und troͤ- ſtete ſie. Wenn der Wind eins beſchaͤdigte, zog ſie ihm das gebrochene Bein in Ord- nung, und heilte den Schaden. Gieng ihr eins

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/42>, abgerufen am 22.11.2024.