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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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Ich wünschte wohl, daß Dene nichts trüge,
was meine theure Mutter getragen hat, wenn
es ihr, wie ich vermuthe, nicht schon an sich
zu schlecht ist. -- -- Solten Sie, mein
Vater, wider all mein Vermuthen etwas
missen, so muß Regine davon Anzeige thun
können, die indessen, wie Sie wissen, die
Ehrlichkeit selbst ist. Ich gehe, und das
können Sie sich leicht vorstellen, mit schwe-
rem Herzen, o Gott! mit schwerem Herzen
von hier. An diesem Briefe hab' ich drey
Tage geschrieben. Thränen beziehen mir so
die Augen, daß ich auch jetzt nicht sehe, was
ich schreibe. -- Gott sey mir gnädig! Ich
bet' auch für Sie! und werd' es nie aufhö-
ren zu thun. Haben Sie tausend Dank für
alles Gute, so Sie meiner Munter, und so
Sie mir gethan. Meine Mutter läßt sich
noch durch mich bedanken. Gott vergelt es
Ihnen! -- Ihr Grab war mein Labsal,
sonst wär' ich vergangen in meinem Elende.
Verzeihen sie alle meine Fehler, wodurch ich
Sie in meiner Jugend betrübt habe. Seit
vielen Jahren, dünkt mich, hab' ich Ihnen
nicht Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben.
Man muß Gott mehr gehorchen, als den
Menschen. -- Meine Entfernung rechnen

Sie

Ich wuͤnſchte wohl, daß Dene nichts truͤge,
was meine theure Mutter getragen hat, wenn
es ihr, wie ich vermuthe, nicht ſchon an ſich
zu ſchlecht iſt. — — Solten Sie, mein
Vater, wider all mein Vermuthen etwas
miſſen, ſo muß Regine davon Anzeige thun
koͤnnen, die indeſſen, wie Sie wiſſen, die
Ehrlichkeit ſelbſt iſt. Ich gehe, und das
koͤnnen Sie ſich leicht vorſtellen, mit ſchwe-
rem Herzen, o Gott! mit ſchwerem Herzen
von hier. An dieſem Briefe hab’ ich drey
Tage geſchrieben. Thraͤnen beziehen mir ſo
die Augen, daß ich auch jetzt nicht ſehe, was
ich ſchreibe. — Gott ſey mir gnaͤdig! Ich
bet’ auch fuͤr Sie! und werd’ es nie aufhoͤ-
ren zu thun. Haben Sie tauſend Dank fuͤr
alles Gute, ſo Sie meiner Munter, und ſo
Sie mir gethan. Meine Mutter laͤßt ſich
noch durch mich bedanken. Gott vergelt es
Ihnen! — Ihr Grab war mein Labſal,
ſonſt waͤr’ ich vergangen in meinem Elende.
Verzeihen ſie alle meine Fehler, wodurch ich
Sie in meiner Jugend betruͤbt habe. Seit
vielen Jahren, duͤnkt mich, hab’ ich Ihnen
nicht Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben.
Man muß Gott mehr gehorchen, als den
Menſchen. — Meine Entfernung rechnen

Sie
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[397/0407] Ich wuͤnſchte wohl, daß Dene nichts truͤge, was meine theure Mutter getragen hat, wenn es ihr, wie ich vermuthe, nicht ſchon an ſich zu ſchlecht iſt. — — Solten Sie, mein Vater, wider all mein Vermuthen etwas miſſen, ſo muß Regine davon Anzeige thun koͤnnen, die indeſſen, wie Sie wiſſen, die Ehrlichkeit ſelbſt iſt. Ich gehe, und das koͤnnen Sie ſich leicht vorſtellen, mit ſchwe- rem Herzen, o Gott! mit ſchwerem Herzen von hier. An dieſem Briefe hab’ ich drey Tage geſchrieben. Thraͤnen beziehen mir ſo die Augen, daß ich auch jetzt nicht ſehe, was ich ſchreibe. — Gott ſey mir gnaͤdig! Ich bet’ auch fuͤr Sie! und werd’ es nie aufhoͤ- ren zu thun. Haben Sie tauſend Dank fuͤr alles Gute, ſo Sie meiner Munter, und ſo Sie mir gethan. Meine Mutter laͤßt ſich noch durch mich bedanken. Gott vergelt es Ihnen! — Ihr Grab war mein Labſal, ſonſt waͤr’ ich vergangen in meinem Elende. Verzeihen ſie alle meine Fehler, wodurch ich Sie in meiner Jugend betruͤbt habe. Seit vielen Jahren, duͤnkt mich, hab’ ich Ihnen nicht Gelegenheit zur Unzufriedenheit gegeben. Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menſchen. — Meine Entfernung rechnen Sie

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/407>, abgerufen am 22.11.2024.