Es könnte sich zutragen, daß Herr v. E. käme! Wenn es sich zutrüge, liebe Mine, wenn? Folg deinem Vater und sey gefällig. --
Sie hatte kein Wort im Vermögen; al- lein sie war so ruhig, daß Hermann diese Ruhe fühlte und sie zu seinem Vortheil ent- gegen nahm. Er klopft' ihr auf die Wange, und sagte, du bist doch ein hübsches gutes Mädchen, und wirst eine Pastorin werden zum küssen. Auch darüber entrüstete sich Mine nicht. -- Sie blieb ruhig. Herrmann zählte schon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge- danken. --
Montag Nachmittag kam Herr v. E., alles wie es geschrieben stand. Die Sühne ward eröfnet. Herrmann entfernte sich, nach- dem er, wie er glaubte, die Sach' in Gang gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein waren, fieng Herr v. E. ohne Glas seine Rede mit vielem Bitten um Verzeihung an, und machte sich als Bräutigam mit Fräulein S. bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All- tägliche. Es hatte wieder das Ansehen, daß Herr v. E. ein Geschenk in der Nähe hätte. Er wollte wagen, es zum Vorschein zu brin- gen; allein es schien, als dürft' ers nicht.
Nun
Ein Beſuch?
Es koͤnnte ſich zutragen, daß Herr v. E. kaͤme! Wenn es ſich zutruͤge, liebe Mine, wenn? Folg deinem Vater und ſey gefaͤllig. —
Sie hatte kein Wort im Vermoͤgen; al- lein ſie war ſo ruhig, daß Hermann dieſe Ruhe fuͤhlte und ſie zu ſeinem Vortheil ent- gegen nahm. Er klopft’ ihr auf die Wange, und ſagte, du biſt doch ein huͤbſches gutes Maͤdchen, und wirſt eine Paſtorin werden zum kuͤſſen. Auch daruͤber entruͤſtete ſich Mine nicht. — Sie blieb ruhig. Herrmann zaͤhlte ſchon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge- danken. —
Montag Nachmittag kam Herr v. E., alles wie es geſchrieben ſtand. Die Suͤhne ward eroͤfnet. Herrmann entfernte ſich, nach- dem er, wie er glaubte, die Sach’ in Gang gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein waren, fieng Herr v. E. ohne Glas ſeine Rede mit vielem Bitten um Verzeihung an, und machte ſich als Braͤutigam mit Fraͤulein S. bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All- taͤgliche. Es hatte wieder das Anſehen, daß Herr v. E. ein Geſchenk in der Naͤhe haͤtte. Er wollte wagen, es zum Vorſchein zu brin- gen; allein es ſchien, als duͤrft’ ers nicht.
Nun
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0380"n="732[372]"/><p>Ein Beſuch?</p><lb/><p>Es koͤnnte ſich zutragen, daß Herr v. E.<lb/>
kaͤme! Wenn es ſich zutruͤge, liebe Mine,<lb/>
wenn? Folg deinem Vater und ſey gefaͤllig. —</p><lb/><p>Sie hatte kein Wort im Vermoͤgen; al-<lb/>
lein ſie war ſo ruhig, daß Hermann dieſe<lb/>
Ruhe fuͤhlte und ſie zu ſeinem Vortheil ent-<lb/>
gegen nahm. Er klopft’ ihr auf die Wange,<lb/>
und ſagte, du biſt doch ein huͤbſches gutes<lb/>
Maͤdchen, und wirſt eine Paſtorin werden<lb/>
zum kuͤſſen. Auch daruͤber entruͤſtete ſich Mine<lb/>
nicht. — Sie blieb ruhig. Herrmann zaͤhlte<lb/>ſchon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge-<lb/>
danken. —</p><lb/><p>Montag Nachmittag kam Herr v. E.,<lb/>
alles wie es geſchrieben ſtand. Die Suͤhne<lb/>
ward eroͤfnet. Herrmann entfernte ſich, nach-<lb/>
dem er, wie er glaubte, die Sach’ in Gang<lb/>
gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein<lb/>
waren, fieng Herr v. E. ohne Glas ſeine Rede<lb/>
mit vielem Bitten um Verzeihung an, und<lb/>
machte ſich als Braͤutigam mit Fraͤulein S.<lb/>
bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All-<lb/>
taͤgliche. Es hatte wieder das Anſehen, daß<lb/>
Herr v. E. ein Geſchenk in der Naͤhe haͤtte.<lb/>
Er wollte wagen, es zum Vorſchein zu brin-<lb/>
gen; allein es ſchien, als duͤrft’ ers nicht.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Nun</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[732[372]/0380]
Ein Beſuch?
Es koͤnnte ſich zutragen, daß Herr v. E.
kaͤme! Wenn es ſich zutruͤge, liebe Mine,
wenn? Folg deinem Vater und ſey gefaͤllig. —
Sie hatte kein Wort im Vermoͤgen; al-
lein ſie war ſo ruhig, daß Hermann dieſe
Ruhe fuͤhlte und ſie zu ſeinem Vortheil ent-
gegen nahm. Er klopft’ ihr auf die Wange,
und ſagte, du biſt doch ein huͤbſches gutes
Maͤdchen, und wirſt eine Paſtorin werden
zum kuͤſſen. Auch daruͤber entruͤſtete ſich Mine
nicht. — Sie blieb ruhig. Herrmann zaͤhlte
ſchon die hundertfunfzig Judasthaler in Ge-
danken. —
Montag Nachmittag kam Herr v. E.,
alles wie es geſchrieben ſtand. Die Suͤhne
ward eroͤfnet. Herrmann entfernte ſich, nach-
dem er, wie er glaubte, die Sach’ in Gang
gebracht. So bald die Hauptpartheyen allein
waren, fieng Herr v. E. ohne Glas ſeine Rede
mit vielem Bitten um Verzeihung an, und
machte ſich als Braͤutigam mit Fraͤulein S.
bekannt. Mine gab drauf nichts, als das All-
taͤgliche. Es hatte wieder das Anſehen, daß
Herr v. E. ein Geſchenk in der Naͤhe haͤtte.
Er wollte wagen, es zum Vorſchein zu brin-
gen; allein es ſchien, als duͤrft’ ers nicht.
Nun
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 732[372]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/380>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.