Was weiß ich, ob sie's mir ansehen können, daß ich geweint hatte, oder ob etwas anders die Ursache war: Sie grüßte mich liebreich! Zum leztenmal dacht' ich, und eine Thrä- ne stürzt' aus meinen Augen! -- Deines Vaters Hand, oder die Deinige, war auch das lezte, was ich ansah, und hiemit fielen mir die Wort' ein: Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang, von nun an bis in Ewigkeit! --
Da ich zu Hause war, und die Predigt deines Vaters, und den liebreichen lezten Gruß deiner Mutter, mir wiederholte, über- fiel mich der Gedanke, deinen Eltern lieber alles zu entdecken. Wer steht dir, dacht' ich, für den Erfolg? Für deinen Vater war mir zwar seine Predigt Bürge geworden, seine Hand war mir Bürge, du warst mir Bürge; indessen schlug der Eifer deiner Mutter für den Stamm Levi, diesen Gedanken nieder. Die feste Verabredung mit Benjamin, die Gewalt, die sich ein curscher Cavalier bey- legt -- und endlich das Wäldchen, waren Beyträge zur Entkräftung meines Muths -- ich kämpfte lange, endlich siegte der Zwei- fel. -- --
Mine
Was weiß ich, ob ſie’s mir anſehen koͤnnen, daß ich geweint hatte, oder ob etwas anders die Urſache war: Sie gruͤßte mich liebreich! Zum leztenmal dacht’ ich, und eine Thraͤ- ne ſtuͤrzt’ aus meinen Augen! — Deines Vaters Hand, oder die Deinige, war auch das lezte, was ich anſah, und hiemit fielen mir die Wort’ ein: Der Herr behuͤte deinen Ausgang und Eingang, von nun an bis in Ewigkeit! —
Da ich zu Hauſe war, und die Predigt deines Vaters, und den liebreichen lezten Gruß deiner Mutter, mir wiederholte, uͤber- fiel mich der Gedanke, deinen Eltern lieber alles zu entdecken. Wer ſteht dir, dacht’ ich, fuͤr den Erfolg? Fuͤr deinen Vater war mir zwar ſeine Predigt Buͤrge geworden, ſeine Hand war mir Buͤrge, du warſt mir Buͤrge; indeſſen ſchlug der Eifer deiner Mutter fuͤr den Stamm Levi, dieſen Gedanken nieder. Die feſte Verabredung mit Benjamin, die Gewalt, die ſich ein curſcher Cavalier bey- legt — und endlich das Waͤldchen, waren Beytraͤge zur Entkraͤftung meines Muths — ich kaͤmpfte lange, endlich ſiegte der Zwei- fel. — —
Mine
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Was weiß ich, ob ſie’s mir anſehen koͤnnen,
daß ich geweint hatte, oder ob etwas anders
die Urſache war: Sie gruͤßte mich liebreich!
Zum leztenmal dacht’ ich, und eine Thraͤ-
ne ſtuͤrzt’ aus meinen Augen! — Deines
Vaters Hand, oder die Deinige, war auch
das lezte, was ich anſah, und hiemit fielen
mir die Wort’ ein: Der Herr behuͤte deinen
Ausgang und Eingang, von nun an bis
in Ewigkeit! —
Da ich zu Hauſe war, und die Predigt
deines Vaters, und den liebreichen lezten
Gruß deiner Mutter, mir wiederholte, uͤber-
fiel mich der Gedanke, deinen Eltern lieber
alles zu entdecken. Wer ſteht dir, dacht’ ich,
fuͤr den Erfolg? Fuͤr deinen Vater war mir
zwar ſeine Predigt Buͤrge geworden, ſeine
Hand war mir Buͤrge, du warſt mir Buͤrge;
indeſſen ſchlug der Eifer deiner Mutter fuͤr
den Stamm Levi, dieſen Gedanken nieder.
Die feſte Verabredung mit Benjamin, die
Gewalt, die ſich ein curſcher Cavalier bey-
legt — und endlich das Waͤldchen, waren
Beytraͤge zur Entkraͤftung meines Muths —
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/378>, abgerufen am 22.11.2024.
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