Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben, wenn er was rauschen hörte. Da
sind sie, schrie er, und lief und kam wieder,
und lief noch einmal, und kam noch einmal
wieder. Obgleich Mine, die heute wohl
Marta hätte heißen können, ihm eben so oft,
als er lief und wieder kam "der Bote" nach-
schrie; so war er doch in einem solchen Ge-
dankenconcours, daß er nicht aus noch ein
wußte. -- Endlich, (nachdem er schon eine
halbe Stunde rein und sauber, wie aus ei-
nem Schreinchen gezogen, da stand,) der
Bote! -- Wie ein Blitz war er fort. "Noch
eine halbe Viertel Meile" auch die halbe Vier-
tel Meile hielt ihn nicht. -- Er flog. -- Re-
gine, das Hausmädchen, schrie ihn dies-
mal bey aller seiner Eil zurück, ohnfehlbar
glaubt' er, daß Mine ihm noch eine Frage
zu thun hätte.

Wollen Sie, sagte sie auf lettisch, nicht
den Glanzleinwandsmantel überziehen? --
Keine Furie kann wütender werden, als un-
ser alte Herr ward, und nun hätt' ihn nichts
zurückgebracht, nichts --

Sie kamen -- Mine war höflich, ohne
sich wegzuschleudern. Sie batte mich vor
Augen und im Herzen -- und der alte Herr
konnte nicht aufhören, mit Gebehrden ihr

zu
T 4

Leben, wenn er was rauſchen hoͤrte. Da
ſind ſie, ſchrie er, und lief und kam wieder,
und lief noch einmal, und kam noch einmal
wieder. Obgleich Mine, die heute wohl
Marta haͤtte heißen koͤnnen, ihm eben ſo oft,
als er lief und wieder kam „der Bote„ nach-
ſchrie; ſo war er doch in einem ſolchen Ge-
dankenconcours, daß er nicht aus noch ein
wußte. — Endlich, (nachdem er ſchon eine
halbe Stunde rein und ſauber, wie aus ei-
nem Schreinchen gezogen, da ſtand,) der
Bote! — Wie ein Blitz war er fort. „Noch
eine halbe Viertel Meile„ auch die halbe Vier-
tel Meile hielt ihn nicht. — Er flog. — Re-
gine, das Hausmaͤdchen, ſchrie ihn dies-
mal bey aller ſeiner Eil zuruͤck, ohnfehlbar
glaubt’ er, daß Mine ihm noch eine Frage
zu thun haͤtte.

Wollen Sie, ſagte ſie auf lettiſch, nicht
den Glanzleinwandsmantel uͤberziehen? —
Keine Furie kann wuͤtender werden, als un-
ſer alte Herr ward, und nun haͤtt’ ihn nichts
zuruͤckgebracht, nichts —

Sie kamen — Mine war hoͤflich, ohne
ſich wegzuſchleudern. Sie batte mich vor
Augen und im Herzen — und der alte Herr
konnte nicht aufhoͤren, mit Gebehrden ihr

zu
T 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0303" n="295"/>
Leben, wenn er was rau&#x017F;chen ho&#x0364;rte. Da<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ie, &#x017F;chrie er, und lief und kam wieder,<lb/>
und lief noch einmal, und kam noch einmal<lb/>
wieder. Obgleich <hi rendition="#fr">Mine,</hi> die heute wohl<lb/><hi rendition="#fr">Marta</hi> ha&#x0364;tte heißen ko&#x0364;nnen, ihm eben &#x017F;o oft,<lb/>
als er lief und wieder kam <hi rendition="#fr">&#x201E;der Bote&#x201E;</hi> nach-<lb/>
&#x017F;chrie; &#x017F;o war er doch in einem &#x017F;olchen Ge-<lb/>
dankenconcours, daß er nicht aus noch ein<lb/>
wußte. &#x2014; Endlich, (nachdem er &#x017F;chon eine<lb/>
halbe Stunde rein und &#x017F;auber, wie aus ei-<lb/>
nem Schreinchen gezogen, da &#x017F;tand,) der<lb/>
Bote! &#x2014; Wie ein Blitz war er fort. &#x201E;Noch<lb/>
eine halbe Viertel Meile&#x201E; auch die halbe Vier-<lb/>
tel Meile hielt ihn nicht. &#x2014; Er flog. &#x2014; Re-<lb/>
gine, das Hausma&#x0364;dchen, &#x017F;chrie ihn dies-<lb/>
mal bey aller &#x017F;einer Eil zuru&#x0364;ck, ohnfehlbar<lb/>
glaubt&#x2019; er, daß Mine ihm noch eine Frage<lb/>
zu thun ha&#x0364;tte.</p><lb/>
          <p>Wollen Sie, &#x017F;agte &#x017F;ie auf letti&#x017F;ch, nicht<lb/>
den Glanzleinwandsmantel u&#x0364;berziehen? &#x2014;<lb/>
Keine Furie kann wu&#x0364;tender werden, als un-<lb/>
&#x017F;er alte Herr ward, und nun ha&#x0364;tt&#x2019; ihn nichts<lb/>
zuru&#x0364;ckgebracht, nichts &#x2014;</p><lb/>
          <p>Sie kamen &#x2014; Mine war ho&#x0364;flich, ohne<lb/>
&#x017F;ich wegzu&#x017F;chleudern. Sie batte mich vor<lb/>
Augen und im Herzen &#x2014; und der alte Herr<lb/>
konnte nicht aufho&#x0364;ren, mit Gebehrden ihr<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 4</fw><fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0303] Leben, wenn er was rauſchen hoͤrte. Da ſind ſie, ſchrie er, und lief und kam wieder, und lief noch einmal, und kam noch einmal wieder. Obgleich Mine, die heute wohl Marta haͤtte heißen koͤnnen, ihm eben ſo oft, als er lief und wieder kam „der Bote„ nach- ſchrie; ſo war er doch in einem ſolchen Ge- dankenconcours, daß er nicht aus noch ein wußte. — Endlich, (nachdem er ſchon eine halbe Stunde rein und ſauber, wie aus ei- nem Schreinchen gezogen, da ſtand,) der Bote! — Wie ein Blitz war er fort. „Noch eine halbe Viertel Meile„ auch die halbe Vier- tel Meile hielt ihn nicht. — Er flog. — Re- gine, das Hausmaͤdchen, ſchrie ihn dies- mal bey aller ſeiner Eil zuruͤck, ohnfehlbar glaubt’ er, daß Mine ihm noch eine Frage zu thun haͤtte. Wollen Sie, ſagte ſie auf lettiſch, nicht den Glanzleinwandsmantel uͤberziehen? — Keine Furie kann wuͤtender werden, als un- ſer alte Herr ward, und nun haͤtt’ ihn nichts zuruͤckgebracht, nichts — Sie kamen — Mine war hoͤflich, ohne ſich wegzuſchleudern. Sie batte mich vor Augen und im Herzen — und der alte Herr konnte nicht aufhoͤren, mit Gebehrden ihr zu T 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/303
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/303>, abgerufen am 13.05.2024.