nicht gern entdeckt. Dene fand von dieser Seite nicht die mindeste Schwierigkeit, wohl aber war ihr bedenklich, daß sie die Eheschei- dungsstrafen, wenn sie den Aufstand anheben solte, zu tragen würd' angewiesen werden. Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte Dene, was könntest du nicht für Bedin- gungen vorschreiben! -- Dene sahe wohl, wie überlästig sie der Wittwe war, sie mochte mehr oder weniger weinen, als sie. Wenn Dene also nach dieser ihrer Verbindung mit dem Herrn Herrmann gefragt ward, war ihre Antwort: Sie belieben zu scherzen, oder, ich bitte tausendmal um Verzeihung, oder, mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts auf der Welt. Roth zu werden hatte sie entweder schon längst verlernt, oder hatt' es nie gekonnt. Es blieb also ihre Verbindung mit dem Herrn Herrmann problematisch. Die Nachbarschaft pflegte die gnädige Frau und Denen zu nennen Sara und Hagar. -- Sowohl Sara als Hagar ärgerten sich über diese Beynahmen, ohne gegen einander sich diese Aergerniß merken zu laßen. --
Magdalene hatte, seit ihrer vieljährigen Praxis, alle Kniffe auf einem Schnürchen, wodurch unser in Liebesangelegenheiten aber-
gläu-
nicht gern entdeckt. Dene fand von dieſer Seite nicht die mindeſte Schwierigkeit, wohl aber war ihr bedenklich, daß ſie die Eheſchei- dungsſtrafen, wenn ſie den Aufſtand anheben ſolte, zu tragen wuͤrd’ angewieſen werden. Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte Dene, was koͤnnteſt du nicht fuͤr Bedin- gungen vorſchreiben! — Dene ſahe wohl, wie uͤberlaͤſtig ſie der Wittwe war, ſie mochte mehr oder weniger weinen, als ſie. Wenn Dene alſo nach dieſer ihrer Verbindung mit dem Herrn Herrmann gefragt ward, war ihre Antwort: Sie belieben zu ſcherzen, oder, ich bitte tauſendmal um Verzeihung, oder, mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts auf der Welt. Roth zu werden hatte ſie entweder ſchon laͤngſt verlernt, oder hatt’ es nie gekonnt. Es blieb alſo ihre Verbindung mit dem Herrn Herrmann problematiſch. Die Nachbarſchaft pflegte die gnaͤdige Frau und Denen zu nennen Sara und Hagar. — Sowohl Sara als Hagar aͤrgerten ſich uͤber dieſe Beynahmen, ohne gegen einander ſich dieſe Aergerniß merken zu laßen. —
Magdalene hatte, ſeit ihrer vieljaͤhrigen Praxis, alle Kniffe auf einem Schnuͤrchen, wodurch unſer in Liebesangelegenheiten aber-
glaͤu-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0294"n="286"/>
nicht gern entdeckt. <hirendition="#fr">Dene</hi> fand von dieſer<lb/>
Seite nicht die mindeſte Schwierigkeit, wohl<lb/>
aber war ihr bedenklich, daß ſie die Eheſchei-<lb/>
dungsſtrafen, wenn ſie den Aufſtand anheben<lb/>ſolte, zu tragen wuͤrd’ angewieſen werden.<lb/>
Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte<lb/><hirendition="#fr">Dene,</hi> was koͤnnteſt du nicht fuͤr Bedin-<lb/>
gungen vorſchreiben! —<hirendition="#fr">Dene</hi>ſahe wohl,<lb/>
wie uͤberlaͤſtig ſie der Wittwe war, ſie mochte<lb/>
mehr oder weniger weinen, als ſie. Wenn<lb/>
Dene alſo nach dieſer ihrer Verbindung mit<lb/>
dem Herrn Herrmann gefragt ward, war<lb/>
ihre Antwort: Sie belieben zu ſcherzen, oder,<lb/>
ich bitte tauſendmal um Verzeihung, oder,<lb/>
mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts<lb/>
auf der Welt. Roth zu werden hatte ſie<lb/>
entweder ſchon laͤngſt verlernt, oder hatt’ es<lb/>
nie gekonnt. Es blieb alſo ihre Verbindung<lb/>
mit dem Herrn Herrmann problematiſch.<lb/>
Die Nachbarſchaft pflegte die gnaͤdige Frau<lb/>
und Denen zu nennen Sara und Hagar. —<lb/>
Sowohl Sara als Hagar aͤrgerten ſich uͤber<lb/>
dieſe Beynahmen, ohne gegen einander ſich<lb/>
dieſe Aergerniß merken zu laßen. —</p><lb/><p>Magdalene hatte, ſeit ihrer vieljaͤhrigen<lb/>
Praxis, alle Kniffe auf einem Schnuͤrchen,<lb/>
wodurch unſer in Liebesangelegenheiten aber-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">glaͤu-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[286/0294]
nicht gern entdeckt. Dene fand von dieſer
Seite nicht die mindeſte Schwierigkeit, wohl
aber war ihr bedenklich, daß ſie die Eheſchei-
dungsſtrafen, wenn ſie den Aufſtand anheben
ſolte, zu tragen wuͤrd’ angewieſen werden.
Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte
Dene, was koͤnnteſt du nicht fuͤr Bedin-
gungen vorſchreiben! — Dene ſahe wohl,
wie uͤberlaͤſtig ſie der Wittwe war, ſie mochte
mehr oder weniger weinen, als ſie. Wenn
Dene alſo nach dieſer ihrer Verbindung mit
dem Herrn Herrmann gefragt ward, war
ihre Antwort: Sie belieben zu ſcherzen, oder,
ich bitte tauſendmal um Verzeihung, oder,
mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts
auf der Welt. Roth zu werden hatte ſie
entweder ſchon laͤngſt verlernt, oder hatt’ es
nie gekonnt. Es blieb alſo ihre Verbindung
mit dem Herrn Herrmann problematiſch.
Die Nachbarſchaft pflegte die gnaͤdige Frau
und Denen zu nennen Sara und Hagar. —
Sowohl Sara als Hagar aͤrgerten ſich uͤber
dieſe Beynahmen, ohne gegen einander ſich
dieſe Aergerniß merken zu laßen. —
Magdalene hatte, ſeit ihrer vieljaͤhrigen
Praxis, alle Kniffe auf einem Schnuͤrchen,
wodurch unſer in Liebesangelegenheiten aber-
glaͤu-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/294>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.