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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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nicht gern entdeckt. Dene fand von dieser
Seite nicht die mindeste Schwierigkeit, wohl
aber war ihr bedenklich, daß sie die Eheschei-
dungsstrafen, wenn sie den Aufstand anheben
solte, zu tragen würd' angewiesen werden.
Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte
Dene, was könntest du nicht für Bedin-
gungen vorschreiben! -- Dene sahe wohl,
wie überlästig sie der Wittwe war, sie mochte
mehr oder weniger weinen, als sie. Wenn
Dene also nach dieser ihrer Verbindung mit
dem Herrn Herrmann gefragt ward, war
ihre Antwort: Sie belieben zu scherzen, oder,
ich bitte tausendmal um Verzeihung, oder,
mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts
auf der Welt. Roth zu werden hatte sie
entweder schon längst verlernt, oder hatt' es
nie gekonnt. Es blieb also ihre Verbindung
mit dem Herrn Herrmann problematisch.
Die Nachbarschaft pflegte die gnädige Frau
und Denen zu nennen Sara und Hagar. --
Sowohl Sara als Hagar ärgerten sich über
diese Beynahmen, ohne gegen einander sich
diese Aergerniß merken zu laßen. --

Magdalene hatte, seit ihrer vieljährigen
Praxis, alle Kniffe auf einem Schnürchen,
wodurch unser in Liebesangelegenheiten aber-

gläu-

nicht gern entdeckt. Dene fand von dieſer
Seite nicht die mindeſte Schwierigkeit, wohl
aber war ihr bedenklich, daß ſie die Eheſchei-
dungsſtrafen, wenn ſie den Aufſtand anheben
ſolte, zu tragen wuͤrd’ angewieſen werden.
Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte
Dene, was koͤnnteſt du nicht fuͤr Bedin-
gungen vorſchreiben! — Dene ſahe wohl,
wie uͤberlaͤſtig ſie der Wittwe war, ſie mochte
mehr oder weniger weinen, als ſie. Wenn
Dene alſo nach dieſer ihrer Verbindung mit
dem Herrn Herrmann gefragt ward, war
ihre Antwort: Sie belieben zu ſcherzen, oder,
ich bitte tauſendmal um Verzeihung, oder,
mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts
auf der Welt. Roth zu werden hatte ſie
entweder ſchon laͤngſt verlernt, oder hatt’ es
nie gekonnt. Es blieb alſo ihre Verbindung
mit dem Herrn Herrmann problematiſch.
Die Nachbarſchaft pflegte die gnaͤdige Frau
und Denen zu nennen Sara und Hagar. —
Sowohl Sara als Hagar aͤrgerten ſich uͤber
dieſe Beynahmen, ohne gegen einander ſich
dieſe Aergerniß merken zu laßen. —

Magdalene hatte, ſeit ihrer vieljaͤhrigen
Praxis, alle Kniffe auf einem Schnuͤrchen,
wodurch unſer in Liebesangelegenheiten aber-

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[286/0294] nicht gern entdeckt. Dene fand von dieſer Seite nicht die mindeſte Schwierigkeit, wohl aber war ihr bedenklich, daß ſie die Eheſchei- dungsſtrafen, wenn ſie den Aufſtand anheben ſolte, zu tragen wuͤrd’ angewieſen werden. Wenn aber die Frau v. E. anfienge, dachte Dene, was koͤnnteſt du nicht fuͤr Bedin- gungen vorſchreiben! — Dene ſahe wohl, wie uͤberlaͤſtig ſie der Wittwe war, ſie mochte mehr oder weniger weinen, als ſie. Wenn Dene alſo nach dieſer ihrer Verbindung mit dem Herrn Herrmann gefragt ward, war ihre Antwort: Sie belieben zu ſcherzen, oder, ich bitte tauſendmal um Verzeihung, oder, mir fehlt ohne den Herrn Herrmann nichts auf der Welt. Roth zu werden hatte ſie entweder ſchon laͤngſt verlernt, oder hatt’ es nie gekonnt. Es blieb alſo ihre Verbindung mit dem Herrn Herrmann problematiſch. Die Nachbarſchaft pflegte die gnaͤdige Frau und Denen zu nennen Sara und Hagar. — Sowohl Sara als Hagar aͤrgerten ſich uͤber dieſe Beynahmen, ohne gegen einander ſich dieſe Aergerniß merken zu laßen. — Magdalene hatte, ſeit ihrer vieljaͤhrigen Praxis, alle Kniffe auf einem Schnuͤrchen, wodurch unſer in Liebesangelegenheiten aber- glaͤu-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/294>, abgerufen am 22.11.2024.