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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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stungsjahre wegen, -- ich bin schon, fügt'
er seufzend hinzu, zehn Jahre bey dieser
Wachtelstelle. --

Es wußt' unser Gast nicht viel von dem
Zustande der Königsbergschen Universität,
außer daß er uns einen Catalogum lectionum
aus den Intelligenzzetteln vorwies, und uns
versicherte, daß es noch bis jetzo nicht fried-
lich hergienge; er war ein Inpietist, denn
einen Orthodoxen kann ich ihn nicht nennen,
fals nehmlich die Orthodoxie, wie ich fast
vermuthe, eine Strenge der Observanz ist,
sich und andere an angenommene Regeln zu
binden. -- Ihm schien der Pietismus so
sehr nicht zu Herzen zu gehn, obgleich er
nicht umhin konnte zu bemerken, daß die
Pietisten viel sähen, was kein Impietist sähe,
und viel empfänden, was sie nicht ausdrü-
cken könnten. Es blieb dabey, ohne die
inpietistische Parthie unsers guten Pastors zu
nehmen, daß Gedanken, die man nicht aus-
drücken könnte, unreifes Obst wären. Bald,
sagte der Pastor, hätt' ich gesagt, daß ein
Wort ein verdauter Gedanke sey. -- Er
ward roth dabey! --

So wie Gärtner ihre Blumen oft so
pflanzen, daß die Farb' einer in die andre

spielt,

ſtungsjahre wegen, — ich bin ſchon, fuͤgt’
er ſeufzend hinzu, zehn Jahre bey dieſer
Wachtelſtelle. —

Es wußt’ unſer Gaſt nicht viel von dem
Zuſtande der Koͤnigsbergſchen Univerſitaͤt,
außer daß er uns einen Catalogum lectionum
aus den Intelligenzzetteln vorwies, und uns
verſicherte, daß es noch bis jetzo nicht fried-
lich hergienge; er war ein Inpietiſt, denn
einen Orthodoxen kann ich ihn nicht nennen,
fals nehmlich die Orthodoxie, wie ich faſt
vermuthe, eine Strenge der Obſervanz iſt,
ſich und andere an angenommene Regeln zu
binden. — Ihm ſchien der Pietismus ſo
ſehr nicht zu Herzen zu gehn, obgleich er
nicht umhin konnte zu bemerken, daß die
Pietiſten viel ſaͤhen, was kein Impietiſt ſaͤhe,
und viel empfaͤnden, was ſie nicht ausdruͤ-
cken koͤnnten. Es blieb dabey, ohne die
inpietiſtiſche Parthie unſers guten Paſtors zu
nehmen, daß Gedanken, die man nicht aus-
druͤcken koͤnnte, unreifes Obſt waͤren. Bald,
ſagte der Paſtor, haͤtt’ ich geſagt, daß ein
Wort ein verdauter Gedanke ſey. — Er
ward roth dabey! —

So wie Gaͤrtner ihre Blumen oft ſo
pflanzen, daß die Farb’ einer in die andre

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[206/0214] ſtungsjahre wegen, — ich bin ſchon, fuͤgt’ er ſeufzend hinzu, zehn Jahre bey dieſer Wachtelſtelle. — Es wußt’ unſer Gaſt nicht viel von dem Zuſtande der Koͤnigsbergſchen Univerſitaͤt, außer daß er uns einen Catalogum lectionum aus den Intelligenzzetteln vorwies, und uns verſicherte, daß es noch bis jetzo nicht fried- lich hergienge; er war ein Inpietiſt, denn einen Orthodoxen kann ich ihn nicht nennen, fals nehmlich die Orthodoxie, wie ich faſt vermuthe, eine Strenge der Obſervanz iſt, ſich und andere an angenommene Regeln zu binden. — Ihm ſchien der Pietismus ſo ſehr nicht zu Herzen zu gehn, obgleich er nicht umhin konnte zu bemerken, daß die Pietiſten viel ſaͤhen, was kein Impietiſt ſaͤhe, und viel empfaͤnden, was ſie nicht ausdruͤ- cken koͤnnten. Es blieb dabey, ohne die inpietiſtiſche Parthie unſers guten Paſtors zu nehmen, daß Gedanken, die man nicht aus- druͤcken koͤnnte, unreifes Obſt waͤren. Bald, ſagte der Paſtor, haͤtt’ ich geſagt, daß ein Wort ein verdauter Gedanke ſey. — Er ward roth dabey! — So wie Gaͤrtner ihre Blumen oft ſo pflanzen, daß die Farb’ einer in die andre ſpielt,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/214>, abgerufen am 23.11.2024.