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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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"het. Ich glaube Helden gehören in Nor-
"den zu Hause, wo man härter ist und fast
"täglich wider das Clima kämpfen muß;
"die Letten könnten also hiezu Anlage haben,
"wo ist aber ein Zug davon? -- Würden
"sie wol seyn und bleiben was sie sind, wenn
"nur wenigstens Boden zur Freiheit und
"zum Ruhm in ihnen wäre. In Curland
"ist Freiheit und Sclaverei zu Hause." --

Mein Vater war eben kein großer letti-
scher Sprachkünstler; wer aber eine Sprache
in ihrer ganzen Länge und Breite verstehet
kann über alle Recht sprechen. Er versicher-
te nie Fußstapfen von Heldenliedern aufge-
funden zu haben, wol aber Beweise, daß
schon ihre weitesten Vorfahren gesungen hät-
ten: und wo ist ein Volk fragt' er das nicht
gesungen hat? Er hatte (wie ers nanndte)
eine Garbe zärtlicher Liedlein gesammlet,
wovon ich seine Uebersezung besitze, die ich
vielleicht mittheilen kann: und wodurch dem
undeutschen Gpitz des Herrn Pastors Jo-
hann Wischmann
kein Abbruch geschehen soll.
Wenn ich nicht diese Garbe in Händen hät-
te; würd ich doch vom Urteil meines Va-
ters, der kein Curländer war, die Apellation
einzulegen, anrathen. In diesen Liederchen

herrscht

„het. Ich glaube Helden gehoͤren in Nor-
„den zu Hauſe, wo man haͤrter iſt und faſt
„taͤglich wider das Clima kaͤmpfen muß;
„die Letten koͤnnten alſo hiezu Anlage haben,
„wo iſt aber ein Zug davon? — Wuͤrden
„ſie wol ſeyn und bleiben was ſie ſind, wenn
„nur wenigſtens Boden zur Freiheit und
„zum Ruhm in ihnen waͤre. In Curland
„iſt Freiheit und Sclaverei zu Hauſe.„ —

Mein Vater war eben kein großer letti-
ſcher Sprachkuͤnſtler; wer aber eine Sprache
in ihrer ganzen Laͤnge und Breite verſtehet
kann uͤber alle Recht ſprechen. Er verſicher-
te nie Fußſtapfen von Heldenliedern aufge-
funden zu haben, wol aber Beweiſe, daß
ſchon ihre weiteſten Vorfahren geſungen haͤt-
ten: und wo iſt ein Volk fragt’ er das nicht
geſungen hat? Er hatte (wie ers nanndte)
eine Garbe zaͤrtlicher Liedlein geſammlet,
wovon ich ſeine Ueberſezung beſitze, die ich
vielleicht mittheilen kann: und wodurch dem
undeutſchen Gpitz des Herrn Paſtors Jo-
hann Wiſchmann
kein Abbruch geſchehen ſoll.
Wenn ich nicht dieſe Garbe in Haͤnden haͤt-
te; wuͤrd ich doch vom Urteil meines Va-
ters, der kein Curlaͤnder war, die Apellation
einzulegen, anrathen. In dieſen Liederchen

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[74/0082] „het. Ich glaube Helden gehoͤren in Nor- „den zu Hauſe, wo man haͤrter iſt und faſt „taͤglich wider das Clima kaͤmpfen muß; „die Letten koͤnnten alſo hiezu Anlage haben, „wo iſt aber ein Zug davon? — Wuͤrden „ſie wol ſeyn und bleiben was ſie ſind, wenn „nur wenigſtens Boden zur Freiheit und „zum Ruhm in ihnen waͤre. In Curland „iſt Freiheit und Sclaverei zu Hauſe.„ — Mein Vater war eben kein großer letti- ſcher Sprachkuͤnſtler; wer aber eine Sprache in ihrer ganzen Laͤnge und Breite verſtehet kann uͤber alle Recht ſprechen. Er verſicher- te nie Fußſtapfen von Heldenliedern aufge- funden zu haben, wol aber Beweiſe, daß ſchon ihre weiteſten Vorfahren geſungen haͤt- ten: und wo iſt ein Volk fragt’ er das nicht geſungen hat? Er hatte (wie ers nanndte) eine Garbe zaͤrtlicher Liedlein geſammlet, wovon ich ſeine Ueberſezung beſitze, die ich vielleicht mittheilen kann: und wodurch dem undeutſchen Gpitz des Herrn Paſtors Jo- hann Wiſchmann kein Abbruch geſchehen ſoll. Wenn ich nicht dieſe Garbe in Haͤnden haͤt- te; wuͤrd ich doch vom Urteil meines Va- ters, der kein Curlaͤnder war, die Apellation einzulegen, anrathen. In dieſen Liederchen herrſcht

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/82>, abgerufen am 24.11.2024.