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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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von dieser Reliquie hatte. Er ließ es sich
zuweilen zeigen und ermahnete ihn, sein
geistliches Ordensband wol zu bewahren.
Hiezu brauchte Herr Amtmann Jachnis keine
Aufmunterung, denn er machte kein Geheim-
nis draus, daß dieses Ritterflick bis an den
lieben jüngsten Tag beim ältesten in der Fa-
milie bleiben solte.

Meine Mutter ärgerte sich so offt davon ge-
redet wurde, und versicherte auf Ehre, Pflicht
und Gewissen, daß dieses Stück Gewand,
fünf und mehr mal verwechselt wäre: und
hierinn schien sie auch um so mehr Recht zu
haben als es noch ziemlich ungebraucht war.
Sie legte es ihm zur Last daß seine Vorfah-
ren nicht lieber ein Stück von dem Psalm-
buch zurückgelassen welches der gottseelige
Herzog Gotthard zum Druck befördert, allein
gewiß blos darum, weil einer ihrer poeti-
schen Vorfahren sich darinn ein Gedächtnis
gestiftet hatte. Mein Vater wiederlegte meine
Mutter nicht; allein er klopfte dem Herrn
Jachnis auf die Schulter, und sagte gut ist gut
besser ist besser. Dieses legten beide meine
Mutter und Herr Jachnis für sich zum Vor-
theil aus, so daß sich beyde durch ein freundli-
ches Lächeln bei meinem Vater bedankten.


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von dieſer Reliquie hatte. Er ließ es ſich
zuweilen zeigen und ermahnete ihn, ſein
geiſtliches Ordensband wol zu bewahren.
Hiezu brauchte Herr Amtmann Jachnis keine
Aufmunterung, denn er machte kein Geheim-
nis draus, daß dieſes Ritterflick bis an den
lieben juͤngſten Tag beim aͤlteſten in der Fa-
milie bleiben ſolte.

Meine Mutter aͤrgerte ſich ſo offt davon ge-
redet wurde, und verſicherte auf Ehre, Pflicht
und Gewiſſen, daß dieſes Stuͤck Gewand,
fuͤnf und mehr mal verwechſelt waͤre: und
hierinn ſchien ſie auch um ſo mehr Recht zu
haben als es noch ziemlich ungebraucht war.
Sie legte es ihm zur Laſt daß ſeine Vorfah-
ren nicht lieber ein Stuͤck von dem Pſalm-
buch zuruͤckgelaſſen welches der gottſeelige
Herzog Gotthard zum Druck befoͤrdert, allein
gewiß blos darum, weil einer ihrer poeti-
ſchen Vorfahren ſich darinn ein Gedaͤchtnis
geſtiftet hatte. Mein Vater wiederlegte meine
Mutter nicht; allein er klopfte dem Herrn
Jachnis auf die Schulter, und ſagte gut iſt gut
beſſer iſt beſſer. Dieſes legten beide meine
Mutter und Herr Jachnis fuͤr ſich zum Vor-
theil aus, ſo daß ſich beyde durch ein freundli-
ches Laͤcheln bei meinem Vater bedankten.


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[71/0079] von dieſer Reliquie hatte. Er ließ es ſich zuweilen zeigen und ermahnete ihn, ſein geiſtliches Ordensband wol zu bewahren. Hiezu brauchte Herr Amtmann Jachnis keine Aufmunterung, denn er machte kein Geheim- nis draus, daß dieſes Ritterflick bis an den lieben juͤngſten Tag beim aͤlteſten in der Fa- milie bleiben ſolte. Meine Mutter aͤrgerte ſich ſo offt davon ge- redet wurde, und verſicherte auf Ehre, Pflicht und Gewiſſen, daß dieſes Stuͤck Gewand, fuͤnf und mehr mal verwechſelt waͤre: und hierinn ſchien ſie auch um ſo mehr Recht zu haben als es noch ziemlich ungebraucht war. Sie legte es ihm zur Laſt daß ſeine Vorfah- ren nicht lieber ein Stuͤck von dem Pſalm- buch zuruͤckgelaſſen welches der gottſeelige Herzog Gotthard zum Druck befoͤrdert, allein gewiß blos darum, weil einer ihrer poeti- ſchen Vorfahren ſich darinn ein Gedaͤchtnis geſtiftet hatte. Mein Vater wiederlegte meine Mutter nicht; allein er klopfte dem Herrn Jachnis auf die Schulter, und ſagte gut iſt gut beſſer iſt beſſer. Dieſes legten beide meine Mutter und Herr Jachnis fuͤr ſich zum Vor- theil aus, ſo daß ſich beyde durch ein freundli- ches Laͤcheln bei meinem Vater bedankten. Es E 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/79>, abgerufen am 24.11.2024.