Geistlichen machen, und wenn man kein Edelmann und doch ein Mensch in Curland ist, kann man keinen andern als diesen Stand wählen; einige weltliche Stellen ausgenom- men, deren aber zu wenig sind, als daß viele darauf rechnen könnten, und die, bis auf die Advocaten Stellen bei dem Land Oberge- richtshofe in Mitau, noch obenein adeliche Posten sind, und also als in Verfall gera- thene Familien angesehen werden, welche ih- ren Adel mit leichter Mühe erneuren können. Mein Vater schien mich zu Etwas andern be- stimmt zu haben. Meine Leser mögen ra- then wozu? denn, in Wahrheit ich selbst muß mich bei diesem Umstand mit Rathen behel- fen, obgleich ich es nicht leugne mehr Data als meine Leser zur Auflösung meines Räth- sels in der Hand zu haben. Er sahe es sehr gerne wenn ich Ball schlug und erlegte selbst mit mir Kegel. Ich hatte zu Anfange Mühe die Kugeln zu heben; indessen fand sich mit der Zeit eine Stärke in meine Arme daß das Spiel zwischen meinem Vater und mir unge- wiß und eine Wette wurde, und wir abwech- selnd gewonnen und verlohren. Er hatte es gerne, daß ich mich herumbalgte, und hier- innen that ich mich mit dem Benjamin dem
Sohn
Geiſtlichen machen, und wenn man kein Edelmann und doch ein Menſch in Curland iſt, kann man keinen andern als dieſen Stand waͤhlen; einige weltliche Stellen ausgenom- men, deren aber zu wenig ſind, als daß viele darauf rechnen koͤnnten, und die, bis auf die Advocaten Stellen bei dem Land Oberge- richtshofe in Mitau, noch obenein adeliche Poſten ſind, und alſo als in Verfall gera- thene Familien angeſehen werden, welche ih- ren Adel mit leichter Muͤhe erneuren koͤnnen. Mein Vater ſchien mich zu Etwas andern be- ſtimmt zu haben. Meine Leſer moͤgen ra- then wozu? denn, in Wahrheit ich ſelbſt muß mich bei dieſem Umſtand mit Rathen behel- fen, obgleich ich es nicht leugne mehr Data als meine Leſer zur Aufloͤſung meines Raͤth- ſels in der Hand zu haben. Er ſahe es ſehr gerne wenn ich Ball ſchlug und erlegte ſelbſt mit mir Kegel. Ich hatte zu Anfange Muͤhe die Kugeln zu heben; indeſſen fand ſich mit der Zeit eine Staͤrke in meine Arme daß das Spiel zwiſchen meinem Vater und mir unge- wiß und eine Wette wurde, und wir abwech- ſelnd gewonnen und verlohren. Er hatte es gerne, daß ich mich herumbalgte, und hier- innen that ich mich mit dem Benjamin dem
Sohn
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0068"n="60"/>
Geiſtlichen machen, und wenn man kein<lb/>
Edelmann und doch ein Menſch in Curland<lb/>
iſt, kann man keinen andern als dieſen Stand<lb/>
waͤhlen; einige weltliche Stellen ausgenom-<lb/>
men, deren aber zu wenig ſind, als daß viele<lb/>
darauf rechnen koͤnnten, und die, bis auf<lb/>
die Advocaten Stellen bei dem Land Oberge-<lb/>
richtshofe in Mitau, noch obenein adeliche<lb/>
Poſten ſind, und alſo als in Verfall gera-<lb/>
thene Familien angeſehen werden, welche ih-<lb/>
ren Adel mit leichter Muͤhe erneuren koͤnnen.<lb/>
Mein Vater ſchien mich zu Etwas andern be-<lb/>ſtimmt zu haben. Meine Leſer moͤgen ra-<lb/>
then wozu? denn, in Wahrheit ich ſelbſt muß<lb/>
mich bei dieſem Umſtand mit Rathen behel-<lb/>
fen, obgleich ich es nicht leugne mehr Data<lb/>
als meine Leſer zur Aufloͤſung meines Raͤth-<lb/>ſels in der Hand zu haben. Er ſahe es ſehr<lb/>
gerne wenn ich Ball ſchlug und erlegte ſelbſt<lb/>
mit mir Kegel. Ich hatte zu Anfange Muͤhe<lb/>
die Kugeln zu heben; indeſſen fand ſich mit<lb/>
der Zeit eine Staͤrke in meine Arme daß das<lb/>
Spiel zwiſchen meinem Vater und mir unge-<lb/>
wiß und eine Wette wurde, und wir abwech-<lb/>ſelnd gewonnen und verlohren. Er hatte es<lb/>
gerne, daß ich mich herumbalgte, und hier-<lb/>
innen that ich mich mit dem <hirendition="#fr">Benjamin</hi> dem<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sohn</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[60/0068]
Geiſtlichen machen, und wenn man kein
Edelmann und doch ein Menſch in Curland
iſt, kann man keinen andern als dieſen Stand
waͤhlen; einige weltliche Stellen ausgenom-
men, deren aber zu wenig ſind, als daß viele
darauf rechnen koͤnnten, und die, bis auf
die Advocaten Stellen bei dem Land Oberge-
richtshofe in Mitau, noch obenein adeliche
Poſten ſind, und alſo als in Verfall gera-
thene Familien angeſehen werden, welche ih-
ren Adel mit leichter Muͤhe erneuren koͤnnen.
Mein Vater ſchien mich zu Etwas andern be-
ſtimmt zu haben. Meine Leſer moͤgen ra-
then wozu? denn, in Wahrheit ich ſelbſt muß
mich bei dieſem Umſtand mit Rathen behel-
fen, obgleich ich es nicht leugne mehr Data
als meine Leſer zur Aufloͤſung meines Raͤth-
ſels in der Hand zu haben. Er ſahe es ſehr
gerne wenn ich Ball ſchlug und erlegte ſelbſt
mit mir Kegel. Ich hatte zu Anfange Muͤhe
die Kugeln zu heben; indeſſen fand ſich mit
der Zeit eine Staͤrke in meine Arme daß das
Spiel zwiſchen meinem Vater und mir unge-
wiß und eine Wette wurde, und wir abwech-
ſelnd gewonnen und verlohren. Er hatte es
gerne, daß ich mich herumbalgte, und hier-
innen that ich mich mit dem Benjamin dem
Sohn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/68>, abgerufen am 13.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.