Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
schwerlich zu fallen. Wie gings? ich lehnte
dies Geld einem Cavalier! der aß und
tranck, und war fröhlich und guter Dinge,
bis er nichts wiedergeben konnte. Verzei-
hen Sie, gnädiger Herr! Sie sind ein Cava-
lier, allein ich sage die Wahrheit. --
Herr v. G. Und ich höre sie so gern, be-
träf es mich selbst, als ihr sie nur sagen
könnt. --
Der Alte. Klüger wärs gewesen, wenn
ich mich zu Tod gearbeitet hätte. -- Da
fiel ich einmal blaß und bleich hin, und das
hielt ich für Gottes Winck, in dieser Welt
zu schließen. Gnädiger Herr! ich habe nicht
die Arbeit gescheut, wie ich jung war cu-
rirt ich mich mit Arbeit, ich habe nie andere
Medicin gebraucht. Was einen in der Ju-
gen stärckt, schwächt im Alter -- ich konnte
nicht, Herr, ich hatte schon ein halb Jahr
blos gebetet und gesungen, da ging mein
Geld verlohren! ich versuchte meinen Arm,
ich fing an zu wollen, ich wollt' im ganzen
Ernst; allein ich konnt' nicht, ich konnt'
nicht -- verzeihen Sie diese Thränen. Ich
habe keine betrübtere Stunde, als eben diese
Probstunde gehabt, wo ich so schlecht be-
stand. --

Herr
K k 4
ſchwerlich zu fallen. Wie gings? ich lehnte
dies Geld einem Cavalier! der aß und
tranck, und war froͤhlich und guter Dinge,
bis er nichts wiedergeben konnte. Verzei-
hen Sie, gnaͤdiger Herr! Sie ſind ein Cava-
lier, allein ich ſage die Wahrheit. —
Herr v. G. Und ich hoͤre ſie ſo gern, be-
traͤf es mich ſelbſt, als ihr ſie nur ſagen
koͤnnt. —
Der Alte. Kluͤger waͤrs geweſen, wenn
ich mich zu Tod gearbeitet haͤtte. — Da
fiel ich einmal blaß und bleich hin, und das
hielt ich fuͤr Gottes Winck, in dieſer Welt
zu ſchließen. Gnaͤdiger Herr! ich habe nicht
die Arbeit geſcheut, wie ich jung war cu-
rirt ich mich mit Arbeit, ich habe nie andere
Medicin gebraucht. Was einen in der Ju-
gen ſtaͤrckt, ſchwaͤcht im Alter — ich konnte
nicht, Herr, ich hatte ſchon ein halb Jahr
blos gebetet und geſungen, da ging mein
Geld verlohren! ich verſuchte meinen Arm,
ich fing an zu wollen, ich wollt’ im ganzen
Ernſt; allein ich konnt’ nicht, ich konnt’
nicht — verzeihen Sie dieſe Thraͤnen. Ich
habe keine betruͤbtere Stunde, als eben dieſe
Probſtunde gehabt, wo ich ſo ſchlecht be-
ſtand. —

Herr
K k 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0531" n="517"/>
&#x017F;chwerlich zu fallen. Wie gings? ich lehnte<lb/>
dies Geld einem Cavalier! der aß und<lb/>
tranck, und war fro&#x0364;hlich und guter Dinge,<lb/>
bis er nichts wiedergeben konnte. Verzei-<lb/>
hen Sie, gna&#x0364;diger Herr! Sie &#x017F;ind ein Cava-<lb/>
lier, allein ich &#x017F;age die Wahrheit. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker>
            <p>Und ich ho&#x0364;re &#x017F;ie &#x017F;o gern, be-<lb/>
tra&#x0364;f es mich &#x017F;elb&#x017F;t, als ihr &#x017F;ie nur &#x017F;agen<lb/>
ko&#x0364;nnt. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Der Alte.</hi> </speaker>
            <p>Klu&#x0364;ger wa&#x0364;rs gewe&#x017F;en, wenn<lb/>
ich mich zu Tod gearbeitet ha&#x0364;tte. &#x2014; Da<lb/>
fiel ich einmal blaß und bleich hin, und das<lb/>
hielt ich fu&#x0364;r Gottes Winck, in die&#x017F;er Welt<lb/>
zu &#x017F;chließen. Gna&#x0364;diger Herr! ich habe nicht<lb/>
die Arbeit ge&#x017F;cheut, wie ich jung war cu-<lb/>
rirt ich mich mit Arbeit, ich habe nie andere<lb/>
Medicin gebraucht. Was einen in der Ju-<lb/>
gen &#x017F;ta&#x0364;rckt, &#x017F;chwa&#x0364;cht im Alter &#x2014; ich konnte<lb/>
nicht, Herr, ich hatte &#x017F;chon ein halb Jahr<lb/>
blos gebetet und ge&#x017F;ungen, da ging mein<lb/>
Geld verlohren! ich ver&#x017F;uchte meinen Arm,<lb/>
ich fing an zu wollen, ich wollt&#x2019; im ganzen<lb/>
Ern&#x017F;t; allein ich konnt&#x2019; nicht, ich konnt&#x2019;<lb/>
nicht &#x2014; verzeihen Sie die&#x017F;e Thra&#x0364;nen. Ich<lb/>
habe keine betru&#x0364;btere Stunde, als eben die&#x017F;e<lb/>
Prob&#x017F;tunde gehabt, wo ich &#x017F;o &#x017F;chlecht be-<lb/>
&#x017F;tand. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">K k 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Herr</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[517/0531] ſchwerlich zu fallen. Wie gings? ich lehnte dies Geld einem Cavalier! der aß und tranck, und war froͤhlich und guter Dinge, bis er nichts wiedergeben konnte. Verzei- hen Sie, gnaͤdiger Herr! Sie ſind ein Cava- lier, allein ich ſage die Wahrheit. — Herr v. G. Und ich hoͤre ſie ſo gern, be- traͤf es mich ſelbſt, als ihr ſie nur ſagen koͤnnt. — Der Alte. Kluͤger waͤrs geweſen, wenn ich mich zu Tod gearbeitet haͤtte. — Da fiel ich einmal blaß und bleich hin, und das hielt ich fuͤr Gottes Winck, in dieſer Welt zu ſchließen. Gnaͤdiger Herr! ich habe nicht die Arbeit geſcheut, wie ich jung war cu- rirt ich mich mit Arbeit, ich habe nie andere Medicin gebraucht. Was einen in der Ju- gen ſtaͤrckt, ſchwaͤcht im Alter — ich konnte nicht, Herr, ich hatte ſchon ein halb Jahr blos gebetet und geſungen, da ging mein Geld verlohren! ich verſuchte meinen Arm, ich fing an zu wollen, ich wollt’ im ganzen Ernſt; allein ich konnt’ nicht, ich konnt’ nicht — verzeihen Sie dieſe Thraͤnen. Ich habe keine betruͤbtere Stunde, als eben dieſe Probſtunde gehabt, wo ich ſo ſchlecht be- ſtand. — Herr K k 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/531
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/531>, abgerufen am 22.11.2024.