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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Ich. Gnädige Frau, das Sprichwort:
Fische fangen und Vogelstellen
verdirbet manchen Junggesellen.

erklärt mein Vater vom Herzen.
Frau v. W Und sehr richtig. Wer in
der Jugend Vögel in die Festung bringt und
Fische anführt -- wird ein Betrüger, und
wenn es hoch kommt, grausam und --
Ich. Ich weiß nicht, gnädige Frau!
ob ein Amtmann, der dem Feigenbaum Dau-
men schraubt und ihn torquirt, es mit den Bau-
ren nicht so zu machen Lust hat, als mit
dem Feigenbaum? -- Dem Baum fehlt nur
ein lebendiger Othem --
Die gnädige Frau ward abgerufen, und ich sah
mich mit der kleinen Fräulein an, ohne daß
wir alle beide mehr thaten, als lächeln. Ich
weiß nicht, wie das kommt, daß junge Manns-
personen gegen Kinder so blöde sind! Frauen-
zimmer sind in diesem Stück dreister. Sie
können eher an ihre Bestimmung dencken, als
es uns nach der jetzigen Einrichtung erlaubt
ist. Offt, wenn ich auf diese Art mein unschul-
diges Minchen mit kleinen Kindern sich abge-
ben und spielen sah, fielen mir die Wort' ein:
Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das An-
gesicht des himmlischen Vaters. Daß ich ge-
gen eine große Dame nicht blöde gewesen,
siehe oben. Das Daumenschrauben und tor-
quiren
Ich. Gnaͤdige Frau, das Sprichwort:
Fiſche fangen und Vogelſtellen
verdirbet manchen Junggeſellen.

erklaͤrt mein Vater vom Herzen.
Frau v. W Und ſehr richtig. Wer in
der Jugend Voͤgel in die Feſtung bringt und
Fiſche anfuͤhrt — wird ein Betruͤger, und
wenn es hoch kommt, grauſam und —
Ich. Ich weiß nicht, gnaͤdige Frau!
ob ein Amtmann, der dem Feigenbaum Dau-
men ſchraubt und ihn torquirt, es mit den Bau-
ren nicht ſo zu machen Luſt hat, als mit
dem Feigenbaum? — Dem Baum fehlt nur
ein lebendiger Othem —
Die gnaͤdige Frau ward abgerufen, und ich ſah
mich mit der kleinen Fraͤulein an, ohne daß
wir alle beide mehr thaten, als laͤcheln. Ich
weiß nicht, wie das kommt, daß junge Manns-
perſonen gegen Kinder ſo bloͤde ſind! Frauen-
zimmer ſind in dieſem Stuͤck dreiſter. Sie
koͤnnen eher an ihre Beſtimmung dencken, als
es uns nach der jetzigen Einrichtung erlaubt
iſt. Offt, wenn ich auf dieſe Art mein unſchul-
diges Minchen mit kleinen Kindern ſich abge-
ben und ſpielen ſah, fielen mir die Wort’ ein:
Ihre Engel im Himmel ſehen allezeit das An-
geſicht des himmliſchen Vaters. Daß ich ge-
gen eine große Dame nicht bloͤde geweſen,
ſiehe oben. Das Daumenſchrauben und tor-
quiren
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[458/0470] Ich. Gnaͤdige Frau, das Sprichwort: Fiſche fangen und Vogelſtellen verdirbet manchen Junggeſellen. erklaͤrt mein Vater vom Herzen. Frau v. W Und ſehr richtig. Wer in der Jugend Voͤgel in die Feſtung bringt und Fiſche anfuͤhrt — wird ein Betruͤger, und wenn es hoch kommt, grauſam und — Ich. Ich weiß nicht, gnaͤdige Frau! ob ein Amtmann, der dem Feigenbaum Dau- men ſchraubt und ihn torquirt, es mit den Bau- ren nicht ſo zu machen Luſt hat, als mit dem Feigenbaum? — Dem Baum fehlt nur ein lebendiger Othem — Die gnaͤdige Frau ward abgerufen, und ich ſah mich mit der kleinen Fraͤulein an, ohne daß wir alle beide mehr thaten, als laͤcheln. Ich weiß nicht, wie das kommt, daß junge Manns- perſonen gegen Kinder ſo bloͤde ſind! Frauen- zimmer ſind in dieſem Stuͤck dreiſter. Sie koͤnnen eher an ihre Beſtimmung dencken, als es uns nach der jetzigen Einrichtung erlaubt iſt. Offt, wenn ich auf dieſe Art mein unſchul- diges Minchen mit kleinen Kindern ſich abge- ben und ſpielen ſah, fielen mir die Wort’ ein: Ihre Engel im Himmel ſehen allezeit das An- geſicht des himmliſchen Vaters. Daß ich ge- gen eine große Dame nicht bloͤde geweſen, ſiehe oben. Das Daumenſchrauben und tor- quiren

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/470>, abgerufen am 22.11.2024.