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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Ich. Ich bitt um Verzeihung, gnädige
Frau, wenn ich die Bibel lese, seh ich alles
was ich lese. --
Frau v. W. Mich dünckt, ich seh den
Herrn vom Hause, wenn ich diesen Garten
sehe. Sein Ebenbild --
Ich. Jeder Garten, gnädige Frau! glaub
ich, ist des Eigenthümers Ebenbild, oder
solt es seyn.
Frau v. W. Solt! allein wer legt seinen
Garten nach der Natur der Gegend und des
Landes an? -- Ein Garten, der die Ehre
gehabt ins Geschrey zu kommen, ist die Für-
schrifft zu zehn und zehn, zu funfzig und
funfzig, zu hundert. Durch Gärten kann
man, denck ich, noch weit eher, als durch
Haus und Hof Geschmack zeigen. Umstände
sprechen hier mit, und die Mode hat keine
Stimme. --
Ich. Der beste Garten indeßen ist ein
Gefängniß, wenn er umzäunt ist. Das
Paradies war die Welt, und die Welt das
Paradies. --
Frau v. W. Sind wir aber bestanden in
der Wahrheit?

Ich.
Ich. Ich bitt um Verzeihung, gnaͤdige
Frau, wenn ich die Bibel leſe, ſeh ich alles
was ich leſe. —
Frau v. W. Mich duͤnckt, ich ſeh den
Herrn vom Hauſe, wenn ich dieſen Garten
ſehe. Sein Ebenbild —
Ich. Jeder Garten, gnaͤdige Frau! glaub
ich, iſt des Eigenthuͤmers Ebenbild, oder
ſolt es ſeyn.
Frau v. W. Solt! allein wer legt ſeinen
Garten nach der Natur der Gegend und des
Landes an? — Ein Garten, der die Ehre
gehabt ins Geſchrey zu kommen, iſt die Fuͤr-
ſchrifft zu zehn und zehn, zu funfzig und
funfzig, zu hundert. Durch Gaͤrten kann
man, denck ich, noch weit eher, als durch
Haus und Hof Geſchmack zeigen. Umſtaͤnde
ſprechen hier mit, und die Mode hat keine
Stimme. —
Ich. Der beſte Garten indeßen iſt ein
Gefaͤngniß, wenn er umzaͤunt iſt. Das
Paradies war die Welt, und die Welt das
Paradies. —
Frau v. W. Sind wir aber beſtanden in
der Wahrheit?

Ich.
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[456/0468] Ich. Ich bitt um Verzeihung, gnaͤdige Frau, wenn ich die Bibel leſe, ſeh ich alles was ich leſe. — Frau v. W. Mich duͤnckt, ich ſeh den Herrn vom Hauſe, wenn ich dieſen Garten ſehe. Sein Ebenbild — Ich. Jeder Garten, gnaͤdige Frau! glaub ich, iſt des Eigenthuͤmers Ebenbild, oder ſolt es ſeyn. Frau v. W. Solt! allein wer legt ſeinen Garten nach der Natur der Gegend und des Landes an? — Ein Garten, der die Ehre gehabt ins Geſchrey zu kommen, iſt die Fuͤr- ſchrifft zu zehn und zehn, zu funfzig und funfzig, zu hundert. Durch Gaͤrten kann man, denck ich, noch weit eher, als durch Haus und Hof Geſchmack zeigen. Umſtaͤnde ſprechen hier mit, und die Mode hat keine Stimme. — Ich. Der beſte Garten indeßen iſt ein Gefaͤngniß, wenn er umzaͤunt iſt. Das Paradies war die Welt, und die Welt das Paradies. — Frau v. W. Sind wir aber beſtanden in der Wahrheit? Ich.

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/468>, abgerufen am 22.11.2024.