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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Frau v. Und du?
Kleine. Ich gab dem Jungen das Geld,
und den Vogel gab ich dem lieben Gott wie-
der. Es wurde gleich so klar, wenigstens
mir vor den Augen, ich bildete mir ein (sie
sprang dabey) daß ich den lieben Gott sähe,
wie er sich darüber freute. Der Jung mag
es wol aus Noth gethan haben.
Mutter. Das denck ich auch --
Kleine. (zur Begleiterin) Desto beßer, daß
ich dem Jungen alles gab. --
Ein Frauenzimmer, das diese liebe
Kleine begleitete.
Wir sind im Streit, Ew.
Gnaden. Das Fräulein gab ungezählt, so
denck ich, giebt man einem Bettler, allein kei-
nem Diebe.
Kleine. Wer hat nun Recht?
Frau v. Du nicht völlig, meine liebe
Seele! Ei, wenn gleich wieder ein so böser
Junge mit des lieben Gottes Vögelchen ge-
kommen wäre, und du hättest kein Geld
gehabt?
Kleine. Dann wär ich zu Ihnen gekom-
men, gnädige?
Frau v. Und wenn ich auch kein Geld
hätte?

Kleine.
Frau v. Und du?
Kleine. Ich gab dem Jungen das Geld,
und den Vogel gab ich dem lieben Gott wie-
der. Es wurde gleich ſo klar, wenigſtens
mir vor den Augen, ich bildete mir ein (ſie
ſprang dabey) daß ich den lieben Gott ſaͤhe,
wie er ſich daruͤber freute. Der Jung mag
es wol aus Noth gethan haben.
Mutter. Das denck ich auch —
Kleine. (zur Begleiterin) Deſto beßer, daß
ich dem Jungen alles gab. —
Ein Frauenzimmer, das dieſe liebe
Kleine begleitete.
Wir ſind im Streit, Ew.
Gnaden. Das Fraͤulein gab ungezaͤhlt, ſo
denck ich, giebt man einem Bettler, allein kei-
nem Diebe.
Kleine. Wer hat nun Recht?
Frau v. Du nicht voͤllig, meine liebe
Seele! Ei, wenn gleich wieder ein ſo boͤſer
Junge mit des lieben Gottes Voͤgelchen ge-
kommen waͤre, und du haͤtteſt kein Geld
gehabt?
Kleine. Dann waͤr ich zu Ihnen gekom-
men, gnaͤdige?
Frau v. Und wenn ich auch kein Geld
haͤtte?

Kleine.
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[452/0464] Frau v. Und du? Kleine. Ich gab dem Jungen das Geld, und den Vogel gab ich dem lieben Gott wie- der. Es wurde gleich ſo klar, wenigſtens mir vor den Augen, ich bildete mir ein (ſie ſprang dabey) daß ich den lieben Gott ſaͤhe, wie er ſich daruͤber freute. Der Jung mag es wol aus Noth gethan haben. Mutter. Das denck ich auch — Kleine. (zur Begleiterin) Deſto beßer, daß ich dem Jungen alles gab. — Ein Frauenzimmer, das dieſe liebe Kleine begleitete. Wir ſind im Streit, Ew. Gnaden. Das Fraͤulein gab ungezaͤhlt, ſo denck ich, giebt man einem Bettler, allein kei- nem Diebe. Kleine. Wer hat nun Recht? Frau v. Du nicht voͤllig, meine liebe Seele! Ei, wenn gleich wieder ein ſo boͤſer Junge mit des lieben Gottes Voͤgelchen ge- kommen waͤre, und du haͤtteſt kein Geld gehabt? Kleine. Dann waͤr ich zu Ihnen gekom- men, gnaͤdige? Frau v. Und wenn ich auch kein Geld haͤtte? Kleine.

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/464>, abgerufen am 22.11.2024.