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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Alexander, hast du einen mündigen Aus-
druck. Du bist ein Mensch, der bey der
Natur in die Schule gegangen, ein Stück
vom Seher! -- Wer blos die Alten ließt,
ist ein Gläubiger, du kannst sie auch zur Noth
lesen, diese erste Version der Natur. Laß
uns jetzt gehen -- der Thee ist schon er-
wünscht kalt.
Ich. Vater, ich möcht noch zehn Stun-
den hören.
Vater. Und ich bin lang nicht so ein
Vielwißer gewesen, wie heut, und auch du
umfassest alles, du sprichst so behend, und
jedes Wort ist Schach dem Könige. Das
machen die neuen Betten und die Nacht ohne
Schlaf.
Ich. Noch eins, Vater: ha Waßer!
Vater. Ströme! desto beßer für dich
einen, und für mich auch einen -- --


Ich. Das Noch eins hab ich nicht er-
säuft: die gnädige Frau ruft mich Monsieur.
Vater. Besonders! daß Monsieur bey
den Deutschen zwey Pfund weniger, als Herr,
und Mamsell zwey Pfund mehr wiegt, als
Jungfer!

Ich.
A a
Alexander, haſt du einen muͤndigen Aus-
druck. Du biſt ein Menſch, der bey der
Natur in die Schule gegangen, ein Stuͤck
vom Seher! — Wer blos die Alten ließt,
iſt ein Glaͤubiger, du kannſt ſie auch zur Noth
leſen, dieſe erſte Verſion der Natur. Laß
uns jetzt gehen — der Thee iſt ſchon er-
wuͤnſcht kalt.
Ich. Vater, ich moͤcht noch zehn Stun-
den hoͤren.
Vater. Und ich bin lang nicht ſo ein
Vielwißer geweſen, wie heut, und auch du
umfaſſeſt alles, du ſprichſt ſo behend, und
jedes Wort iſt Schach dem Koͤnige. Das
machen die neuen Betten und die Nacht ohne
Schlaf.
Ich. Noch eins, Vater: ha Waßer!
Vater. Stroͤme! deſto beßer fuͤr dich
einen, und fuͤr mich auch einen — —


Ich. Das Noch eins hab ich nicht er-
ſaͤuft: die gnaͤdige Frau ruft mich Monſieur.
Vater. Beſonders! daß Monſieur bey
den Deutſchen zwey Pfund weniger, als Herr,
und Mamſell zwey Pfund mehr wiegt, als
Jungfer!

Ich.
A a
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[367/0379] Alexander, haſt du einen muͤndigen Aus- druck. Du biſt ein Menſch, der bey der Natur in die Schule gegangen, ein Stuͤck vom Seher! — Wer blos die Alten ließt, iſt ein Glaͤubiger, du kannſt ſie auch zur Noth leſen, dieſe erſte Verſion der Natur. Laß uns jetzt gehen — der Thee iſt ſchon er- wuͤnſcht kalt. Ich. Vater, ich moͤcht noch zehn Stun- den hoͤren. Vater. Und ich bin lang nicht ſo ein Vielwißer geweſen, wie heut, und auch du umfaſſeſt alles, du ſprichſt ſo behend, und jedes Wort iſt Schach dem Koͤnige. Das machen die neuen Betten und die Nacht ohne Schlaf. Ich. Noch eins, Vater: ha Waßer! Vater. Stroͤme! deſto beßer fuͤr dich einen, und fuͤr mich auch einen — — Ich. Das Noch eins hab ich nicht er- ſaͤuft: die gnaͤdige Frau ruft mich Monſieur. Vater. Beſonders! daß Monſieur bey den Deutſchen zwey Pfund weniger, als Herr, und Mamſell zwey Pfund mehr wiegt, als Jungfer! Ich. A a

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/379>, abgerufen am 26.11.2024.