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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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als es nöthig war. Das Kreutz war die ge-
meinste Strafe, womit man bey den Syrern,
Egyptern, Römern und andern Völkern,
einen Missethäter von der Welt brachte.
Aus Schande ist Ehre worden. Deine Mut-
ter nandte dies einen Triumph der christlichen
Religion. Ein Kreutz ist ein Ritter- und
Ehrenzeichen: es hat so was edles in und an
sich, als die liebe Sonne, die alles glänzend
macht, was sie bestrahlt. Häng es um ein
schlecht Gewand; es übertrift Purpur und
köstliche Leinwand. Die Wapenkunst gehö-
ret zwar nicht zu Kanzelgaben; indessen rath
ich dir dies Studium an, und da wirst du
ein Andreaskreutz, ein Schächerkreutz, ein
Anckerkreutz, ein Kleekreutz, ein Krücken-
kreutz, ein Lilienkreutz, ein Patriarchenkreutz,
und noch viele Kreutzer kennen zu lernen
die Ehre haben.
Eine Stille! wir sahen beide zum Fenster, und
jeder stieß eins wie aufs Commando auf ----
Noch eine Stille --
Vater. Hast du gebetet?
Ich. Zweymal angesetzt, einmal vollen-
det. Aber keinen Morgenseegen, denn ich
hab nicht geschlafen. Ich kann dem lieben
Gott für nichts dancken, was ich nicht auch
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als es noͤthig war. Das Kreutz war die ge-
meinſte Strafe, womit man bey den Syrern,
Egyptern, Roͤmern und andern Voͤlkern,
einen Miſſethaͤter von der Welt brachte.
Aus Schande iſt Ehre worden. Deine Mut-
ter nandte dies einen Triumph der chriſtlichen
Religion. Ein Kreutz iſt ein Ritter- und
Ehrenzeichen: es hat ſo was edles in und an
ſich, als die liebe Sonne, die alles glaͤnzend
macht, was ſie beſtrahlt. Haͤng es um ein
ſchlecht Gewand; es uͤbertrift Purpur und
koͤſtliche Leinwand. Die Wapenkunſt gehoͤ-
ret zwar nicht zu Kanzelgaben; indeſſen rath
ich dir dies Studium an, und da wirſt du
ein Andreaskreutz, ein Schaͤcherkreutz, ein
Anckerkreutz, ein Kleekreutz, ein Kruͤcken-
kreutz, ein Lilienkreutz, ein Patriarchenkreutz,
und noch viele Kreutzer kennen zu lernen
die Ehre haben.
Eine Stille! wir ſahen beide zum Fenſter, und
jeder ſtieß eins wie aufs Commando auf ——
Noch eine Stille —
Vater. Haſt du gebetet?
Ich. Zweymal angeſetzt, einmal vollen-
det. Aber keinen Morgenſeegen, denn ich
hab nicht geſchlafen. Ich kann dem lieben
Gott fuͤr nichts dancken, was ich nicht auch
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[355/0367] als es noͤthig war. Das Kreutz war die ge- meinſte Strafe, womit man bey den Syrern, Egyptern, Roͤmern und andern Voͤlkern, einen Miſſethaͤter von der Welt brachte. Aus Schande iſt Ehre worden. Deine Mut- ter nandte dies einen Triumph der chriſtlichen Religion. Ein Kreutz iſt ein Ritter- und Ehrenzeichen: es hat ſo was edles in und an ſich, als die liebe Sonne, die alles glaͤnzend macht, was ſie beſtrahlt. Haͤng es um ein ſchlecht Gewand; es uͤbertrift Purpur und koͤſtliche Leinwand. Die Wapenkunſt gehoͤ- ret zwar nicht zu Kanzelgaben; indeſſen rath ich dir dies Studium an, und da wirſt du ein Andreaskreutz, ein Schaͤcherkreutz, ein Anckerkreutz, ein Kleekreutz, ein Kruͤcken- kreutz, ein Lilienkreutz, ein Patriarchenkreutz, und noch viele Kreutzer kennen zu lernen die Ehre haben. Eine Stille! wir ſahen beide zum Fenſter, und jeder ſtieß eins wie aufs Commando auf —— Noch eine Stille — Vater. Haſt du gebetet? Ich. Zweymal angeſetzt, einmal vollen- det. Aber keinen Morgenſeegen, denn ich hab nicht geſchlafen. Ich kann dem lieben Gott fuͤr nichts dancken, was ich nicht auch em- Z 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/367>, abgerufen am 27.11.2024.