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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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das er bewahren soll. Die Sachwalter ma-
chens wie die Fischer; sie trüben das Waßer,
eh sie angeln; bey hell und klarem Wetter ist
nichts zu fangen. Sey gerecht gegen Jeder-
mann, gib auch, wenn du geschwinde schreibst,
der u ihren Strich, dem i seinen Punkt. Ich
habe keine u ums Ihrige betrogen, und
mich ärgert, wenn man gewissen Worten den
großen Buchstaben nehmen will, als, bey
Stuben Uhr schreib ich S. und U. mit großen
Buchstaben. Ehre dem Ehre gebühret. Uebe
dich auch mündlich abzuschlagen, was du
nicht leisten kannst: schriftlich kanns jeder
Narr. Bist du unentschlossen, ich setze zum
voraus, daß dies oder jenes nichts böses ist,
worüber du getheilt bist; zerbrich dir nicht
den Kopf, recipe zwey Loose: in eins schreib
flugs Ja, ins andere flugs Nein. Mache
sie sich einander gleich, greif eins, und thue
was du gegriffen hast, dies ist eben so gut,
als wenn du lange gedacht, und Ja und Nein
auf einer Goldwaage abgewogen hättest. Es
ist eine Art von göttlichem Regiment von
Theokratie. Heist es nicht so? Auch der
Weiseste greift in einen Glückstopf. Glück
und Glas wie bald bricht das. In der De-
muth stolz seyn, heißt falsch spielen. Wenn

die

das er bewahren ſoll. Die Sachwalter ma-
chens wie die Fiſcher; ſie truͤben das Waßer,
eh ſie angeln; bey hell und klarem Wetter iſt
nichts zu fangen. Sey gerecht gegen Jeder-
mann, gib auch, wenn du geſchwinde ſchreibſt,
der u ihren Strich, dem i ſeinen Punkt. Ich
habe keine u ums Ihrige betrogen, und
mich aͤrgert, wenn man gewiſſen Worten den
großen Buchſtaben nehmen will, als, bey
Stuben Uhr ſchreib ich S. und U. mit großen
Buchſtaben. Ehre dem Ehre gebuͤhret. Uebe
dich auch muͤndlich abzuſchlagen, was du
nicht leiſten kannſt: ſchriftlich kanns jeder
Narr. Biſt du unentſchloſſen, ich ſetze zum
voraus, daß dies oder jenes nichts boͤſes iſt,
woruͤber du getheilt biſt; zerbrich dir nicht
den Kopf, recipe zwey Looſe: in eins ſchreib
flugs Ja, ins andere flugs Nein. Mache
ſie ſich einander gleich, greif eins, und thue
was du gegriffen haſt, dies iſt eben ſo gut,
als wenn du lange gedacht, und Ja und Nein
auf einer Goldwaage abgewogen haͤtteſt. Es
iſt eine Art von goͤttlichem Regiment von
Theokratie. Heiſt es nicht ſo? Auch der
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[336/0348] das er bewahren ſoll. Die Sachwalter ma- chens wie die Fiſcher; ſie truͤben das Waßer, eh ſie angeln; bey hell und klarem Wetter iſt nichts zu fangen. Sey gerecht gegen Jeder- mann, gib auch, wenn du geſchwinde ſchreibſt, der u ihren Strich, dem i ſeinen Punkt. Ich habe keine u ums Ihrige betrogen, und mich aͤrgert, wenn man gewiſſen Worten den großen Buchſtaben nehmen will, als, bey Stuben Uhr ſchreib ich S. und U. mit großen Buchſtaben. Ehre dem Ehre gebuͤhret. Uebe dich auch muͤndlich abzuſchlagen, was du nicht leiſten kannſt: ſchriftlich kanns jeder Narr. Biſt du unentſchloſſen, ich ſetze zum voraus, daß dies oder jenes nichts boͤſes iſt, woruͤber du getheilt biſt; zerbrich dir nicht den Kopf, recipe zwey Looſe: in eins ſchreib flugs Ja, ins andere flugs Nein. Mache ſie ſich einander gleich, greif eins, und thue was du gegriffen haſt, dies iſt eben ſo gut, als wenn du lange gedacht, und Ja und Nein auf einer Goldwaage abgewogen haͤtteſt. Es iſt eine Art von goͤttlichem Regiment von Theokratie. Heiſt es nicht ſo? Auch der Weiſeſte greift in einen Gluͤckstopf. Gluͤck und Glas wie bald bricht das. In der De- muth ſtolz ſeyn, heißt falſch ſpielen. Wenn die

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/348>, abgerufen am 22.11.2024.