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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Noch nie war mir die Geschichte meines
Vaters so sehr aufgefallen, als jetzo, wo mir
die kleinsten Umstände nicht Adiaphora mehr
waren, obgleich ich Summa Summarum
nicht viel mehr erfahren, als ich schon wußte.
Zu dem Spargel und der Pfeife in der freyen
Luft und den langen Manschetten war nur
ein Kannapee und der königliche Priester
Melchisedech gekommen. Ein Name, den ich
noch nicht ohne Bangigkeit, man möcht' ihn
übel deuten ausspreche, und den ich meinen
Lesern, so offt er vorgekommen, ins Ohr ge-
schrieben habe.

Denckzettel an den, der unter meinem
Herzen und an meiner Brust lag, welche
Niemand außer seinem Vater (und der
nur beiläufig) vor und nach ihm gesehen
hat, der den - - - 17 -- in einem kalten
Winter meinen Leib öfnete und schlos,
dem ich die Hände falten und Gott aus-
sprechen lehrte, und den ich in diesem
Jammerthal, wo man auch bey frühen
Spargel nicht an Ort und Stelle ist, nicht
mehr sehen werde, aber -- dort bey dem
Herrn! allezeit.



Siehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht
Heucheley sey, nicht ein Kranz, der Firne

Wein
T 5

Noch nie war mir die Geſchichte meines
Vaters ſo ſehr aufgefallen, als jetzo, wo mir
die kleinſten Umſtaͤnde nicht Adiaphora mehr
waren, obgleich ich Summa Summarum
nicht viel mehr erfahren, als ich ſchon wußte.
Zu dem Spargel und der Pfeife in der freyen
Luft und den langen Manſchetten war nur
ein Kannapee und der koͤnigliche Prieſter
Melchiſedech gekommen. Ein Name, den ich
noch nicht ohne Bangigkeit, man moͤcht’ ihn
uͤbel deuten ausſpreche, und den ich meinen
Leſern, ſo offt er vorgekommen, ins Ohr ge-
ſchrieben habe.

Denckzettel an den, der unter meinem
Herzen und an meiner Bruſt lag, welche
Niemand außer ſeinem Vater (und der
nur beilaͤufig) vor und nach ihm geſehen
hat, der den ‒ ‒ ‒ 17 — in einem kalten
Winter meinen Leib oͤfnete und ſchlos,
dem ich die Haͤnde falten und Gott aus-
ſprechen lehrte, und den ich in dieſem
Jammerthal, wo man auch bey fruͤhen
Spargel nicht an Ort und Stelle iſt, nicht
mehr ſehen werde, aber — dort bey dem
Herrn! allezeit.



Siehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht
Heucheley ſey, nicht ein Kranz, der Firne

Wein
T 5
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[295/0307] Noch nie war mir die Geſchichte meines Vaters ſo ſehr aufgefallen, als jetzo, wo mir die kleinſten Umſtaͤnde nicht Adiaphora mehr waren, obgleich ich Summa Summarum nicht viel mehr erfahren, als ich ſchon wußte. Zu dem Spargel und der Pfeife in der freyen Luft und den langen Manſchetten war nur ein Kannapee und der koͤnigliche Prieſter Melchiſedech gekommen. Ein Name, den ich noch nicht ohne Bangigkeit, man moͤcht’ ihn uͤbel deuten ausſpreche, und den ich meinen Leſern, ſo offt er vorgekommen, ins Ohr ge- ſchrieben habe. Denckzettel an den, der unter meinem Herzen und an meiner Bruſt lag, welche Niemand außer ſeinem Vater (und der nur beilaͤufig) vor und nach ihm geſehen hat, der den ‒ ‒ ‒ 17 — in einem kalten Winter meinen Leib oͤfnete und ſchlos, dem ich die Haͤnde falten und Gott aus- ſprechen lehrte, und den ich in dieſem Jammerthal, wo man auch bey fruͤhen Spargel nicht an Ort und Stelle iſt, nicht mehr ſehen werde, aber — dort bey dem Herrn! allezeit. Siehe zu, daß deine Gottesfurcht nicht Heucheley ſey, nicht ein Kranz, der Firne Wein T 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/307>, abgerufen am 16.06.2024.