Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Lied: mein Dankopfer Herr! ich
bringe,
ist wie auf diese Predigt gemacht.

Dies Lied sang indeßen meine Mutter
nicht; sondern empfahl es mir zum Nachlesen.
Was es heiße: fuhr sie fort, er predigte ge-
waltiglich,
hab ich in dieser Predigt gelernt.
Dein Vater trieb seine Feinde zu Paaren, zu
Einzeln trieb er sie; ihre Stäte war nicht
mehr. Melchisedech und Kannapee waren
nun wieder Melchisedech und Kannapee.
Gott sey dafür gelobet und gebenedeyet!
Meine Mutter versicherte mich hiebey mit
Thränen, daß sie in der kritischen Zeit kei-
nen Menschen aufs Kannapee zu nöthigen
das Herz gehabt; wie sie denn auch auf die
Rechnung Melchisedechs schrieb, daß ich erst
im dritten Jahre, nach ihrer Verheiratung,
das Licht der Welt erblickt, (in parenthesi,
ich war die erste und letzte Geburt.)

Es werden nicht viele seyn, welche die
eheleibliche jüngste Jungfer Tochter des
Herrn Pastors L --, die ein Comet in die-
ser Geschicht' ist, weiter intreßirt, als daß
sie, ohne hitziges und hebräisches Sprachfieber,
abgekommen; indeßen um alle Gerechtigkeit
zu erfüllen, mag der geneigte Leser observi-
ren, daß mein Vater ihretwegen auch nicht

ein

Das Lied: mein Dankopfer Herr! ich
bringe,
iſt wie auf dieſe Predigt gemacht.

Dies Lied ſang indeßen meine Mutter
nicht; ſondern empfahl es mir zum Nachleſen.
Was es heiße: fuhr ſie fort, er predigte ge-
waltiglich,
hab ich in dieſer Predigt gelernt.
Dein Vater trieb ſeine Feinde zu Paaren, zu
Einzeln trieb er ſie; ihre Staͤte war nicht
mehr. Melchiſedech und Kannapee waren
nun wieder Melchiſedech und Kannapee.
Gott ſey dafuͤr gelobet und gebenedeyet!
Meine Mutter verſicherte mich hiebey mit
Thraͤnen, daß ſie in der kritiſchen Zeit kei-
nen Menſchen aufs Kannapee zu noͤthigen
das Herz gehabt; wie ſie denn auch auf die
Rechnung Melchiſedechs ſchrieb, daß ich erſt
im dritten Jahre, nach ihrer Verheiratung,
das Licht der Welt erblickt, (in parentheſi,
ich war die erſte und letzte Geburt.)

Es werden nicht viele ſeyn, welche die
eheleibliche juͤngſte Jungfer Tochter des
Herrn Paſtors L —, die ein Comet in die-
ſer Geſchicht’ iſt, weiter intreßirt, als daß
ſie, ohne hitziges und hebraͤiſches Sprachfieber,
abgekommen; indeßen um alle Gerechtigkeit
zu erfuͤllen, mag der geneigte Leſer obſervi-
ren, daß mein Vater ihretwegen auch nicht

ein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0298" n="286"/>
        <p>Das Lied: <hi rendition="#fr">mein Dankopfer Herr! ich<lb/>
bringe,</hi> i&#x017F;t wie auf die&#x017F;e Predigt gemacht.</p><lb/>
        <p>Dies Lied &#x017F;ang indeßen meine Mutter<lb/>
nicht; &#x017F;ondern empfahl es mir zum Nachle&#x017F;en.<lb/>
Was es heiße: fuhr &#x017F;ie fort, <hi rendition="#fr">er predigte ge-<lb/>
waltiglich,</hi> hab ich in die&#x017F;er Predigt gelernt.<lb/>
Dein Vater trieb &#x017F;eine Feinde zu Paaren, zu<lb/>
Einzeln trieb er &#x017F;ie; ihre Sta&#x0364;te war nicht<lb/>
mehr. Melchi&#x017F;edech und Kannapee waren<lb/>
nun wieder Melchi&#x017F;edech und Kannapee.<lb/>
Gott &#x017F;ey dafu&#x0364;r gelobet und gebenedeyet!<lb/>
Meine Mutter ver&#x017F;icherte mich hiebey mit<lb/>
Thra&#x0364;nen, daß &#x017F;ie in der kriti&#x017F;chen Zeit kei-<lb/>
nen Men&#x017F;chen aufs Kannapee zu no&#x0364;thigen<lb/>
das Herz gehabt; wie &#x017F;ie denn auch auf die<lb/>
Rechnung Melchi&#x017F;edechs &#x017F;chrieb, daß ich er&#x017F;t<lb/>
im dritten Jahre, nach ihrer Verheiratung,<lb/>
das Licht der Welt erblickt, (in parenthe&#x017F;i,<lb/>
ich war die er&#x017F;te und letzte Geburt.)</p><lb/>
        <p>Es werden nicht viele &#x017F;eyn, welche die<lb/>
eheleibliche ju&#x0364;ng&#x017F;te Jungfer Tochter des<lb/>
Herrn Pa&#x017F;tors L &#x2014;, die ein Comet in die-<lb/>
&#x017F;er Ge&#x017F;chicht&#x2019; i&#x017F;t, weiter intreßirt, als daß<lb/>
&#x017F;ie, ohne hitziges und hebra&#x0364;i&#x017F;ches Sprachfieber,<lb/>
abgekommen; indeßen um alle Gerechtigkeit<lb/>
zu erfu&#x0364;llen, mag der geneigte Le&#x017F;er ob&#x017F;ervi-<lb/>
ren, daß mein Vater ihretwegen auch nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0298] Das Lied: mein Dankopfer Herr! ich bringe, iſt wie auf dieſe Predigt gemacht. Dies Lied ſang indeßen meine Mutter nicht; ſondern empfahl es mir zum Nachleſen. Was es heiße: fuhr ſie fort, er predigte ge- waltiglich, hab ich in dieſer Predigt gelernt. Dein Vater trieb ſeine Feinde zu Paaren, zu Einzeln trieb er ſie; ihre Staͤte war nicht mehr. Melchiſedech und Kannapee waren nun wieder Melchiſedech und Kannapee. Gott ſey dafuͤr gelobet und gebenedeyet! Meine Mutter verſicherte mich hiebey mit Thraͤnen, daß ſie in der kritiſchen Zeit kei- nen Menſchen aufs Kannapee zu noͤthigen das Herz gehabt; wie ſie denn auch auf die Rechnung Melchiſedechs ſchrieb, daß ich erſt im dritten Jahre, nach ihrer Verheiratung, das Licht der Welt erblickt, (in parentheſi, ich war die erſte und letzte Geburt.) Es werden nicht viele ſeyn, welche die eheleibliche juͤngſte Jungfer Tochter des Herrn Paſtors L —, die ein Comet in die- ſer Geſchicht’ iſt, weiter intreßirt, als daß ſie, ohne hitziges und hebraͤiſches Sprachfieber, abgekommen; indeßen um alle Gerechtigkeit zu erfuͤllen, mag der geneigte Leſer obſervi- ren, daß mein Vater ihretwegen auch nicht ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/298
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/298>, abgerufen am 17.06.2024.